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Am 25.9.2013 veröffentlichte die Kommission ihren Wettbewerbsfähgkeitsbericht, der die Wettbewerbsfähigkeit der Mitgliedsstaaten nach bestimmten Kriterien misst und Bereiche aufzeigt, in denen aus Sicht er Kommission Maßnahmen notwendig sind. Der aus der Generaldirektion Unternehmen und Industrie stammende Bericht setzt deutlich andere Akzente als die neoliberalen Konzepte, wie sie insbesondere aus der Generaldirektion für Wirtschaft und Finanzen regelmäßig kommen. Auch Österreich schneidet laut diesem Bericht überdurchschnittlich gut ab, und das nicht trotz des starken österreichischen Sozialstaates, sondern durchaus wegen diesem.
Europas Re-Industrialisierung

Die Studie der Kommission kommt zu dem klaren Ergebnis, dass Staaten mit einer starken industriellen Basis besser durch die Krise gekommen sind als andere. Daher gilt es die Industrie in Europa wieder stärker auszubauen und den Anteil des produzierenden Gewerbes wieder auf 20% des BIP der EU zu steigern. Als die größten Probleme auf dem Weg dorthin sieht die Kommission die niedrigen Investitionen der Unternehmen, den nach wie vor schwierigen Zugang zu den Finanzmärkten für Unternehmen, die hohen Energiepreise und die mangelnde Effizienz der öffentlichen Verwaltungen.

Die Kommission schlägt zum Ausbau der Industrie vor allem die Förderung des Exports (durch Marktöffnungen in Dritt-Staaten und des Binnenmarktes), Investitionen in Forschung und Entwicklung (FuE), sowie Verbesserungen in der Qualifizierung von Arbeitskräften vor.

Der Ansatz der Kommission, Arbeitsplätze zukünftig in Europa nicht nur im Servicesektor schaffen zu wollen, sondern auch das produzierende Gewerbe zu stärken, ist durchaus zu begrüßen. Ebenfalls ist es positiv, dass die Generaldirektion Unternehmen der Europäischen Kommission als größtes Hindernis für die Wettbewerbsfähigkeit eins Landes nicht Gewerkschaften und Arbeitsrechte, sondern mangelnde Ausbildung sieht und mehr FuE Ausgaben einfordert. Allerdings müssen auch einige kritische Aspekte betont werden. Marktöffnungen mit Drittstaaten und der Abbau von Hemmnissen im Binnenmarkt können dann problematisch sein, wenn damit bspw. Arbeitsrechte oder Umweltstandards unterlaufen werden. Eine Senkung der Energiekosten ist auch nur dann zu begrüßen, wenn dies weder auf Kosten der privaten Haushalte (indem diese die niedrigen Energiepreise für Unternehmen querfinanzieren) noch der Umwelt geschieht, weil Energiequellen (wie bspw. Fracking) angezapft werden, die verheerende Auswirkungen auf Mensch und Umwelt haben können. Wichtiger sind hier gerade innovationsgetriebene Effizienzsteigerungen. Letztlich wird auch klar, dass es Aspekte gibt, die nicht unmittelbar mit der Industriepolitik zusammenhängen. Ob Unternehmen Zugang zu Fremdfinanzierung haben hängt in erster Linie davon ab, ob es endlich gelingt, die Krise des Bankensektors durch die richtigen Maßnahmen (z.B. geordnete Abwicklung von Pleitebanken ohne Kostenbeteiligung des Steuerzahler, Trennung von Privatkundengeschäft und Spekulationsgeschäft) nachhaltig zu überwinden.

Österreich

Positiv liest sich der Bericht aus österreichischer Sicht. Österreich steht mit einer überdurchschnittlichen Produktivität und einem Anteil des produzierenden Gewerbes von beinahe 19% (ohne Bausektor) deutlich über dem EU-Schnitt da. Die Kommission bewertet auch die getroffenen Maßnahmen zur Steigerung der FuE Ausgaben positiv und erkennt den Wert des öffentlichen Sektors für die wirtschaftliche Stärke Österreichs deutlich an, wenn es bspw. im Bericht der Kommission zu Österreich heißt: „Die wahrgenommene Qualität der öffentlichen Dienstleistungen in Österreich, einschließlich der Qualität des öffentlichen Dienstes und der Durchführung öffentlicher Maßnahmen, ist hoch.“

Positiv aus Sicht all jener, die Österreichs Wirtschaft nicht durch eine Verlängerung von Arbeitszeiten und die Aufweichung sozialer Rechte stärken, sondern durch mehr Gerechtigkeit zu diesem Ziel kommen wollen, sind auch die bildungspolitischen Empfehlungen der Kommission. Die Kommission sieht nicht nur Defizite bei der Nutzung der Qualifizierungen von MigrantInnen, sondern kritisiert auch explizit, dass Kinder zu früh in der Schule selektiert werden.

Fazit


Insgesamt bietet der Bericht einen guten Überblick über die Stärken und Schwächen der europäischen Volkswirtschaften. Die Strategie zur Re-Industrialisierung ist trotz einiger Schwächen durchaus ein wichtiger Beitrag. Klar bleibt dabei aber auch eine Tatsache, die sich die Kommission selbst vergegenwärtigen muss: eine dauerhafte Erholung der Industrie mit würdigen Löhnen für alle ArbeitnehmerInnen wird es mit der derzeitigen europäischen Austeritätspolitik nicht geben.

Weitere Informationen:

Wettbewerbsfähigkeitsbericht (EN)

Spezifischer Teil des Reports zu Österreich