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Die Europäische Kommission hat im Juni dieses Jahres eine Richtlinie zur Einführung eines verpflichtenden automatischen Informationsaustauschs im Bereich der Besteuerung vorgeschlagen. Ziel des Entwurfs ist nicht die Europäisierung staatlicher Kompetenzen hinsichtlich der Einhebung von Steuern. Vielmehr sollen die nationalen Steuerbehörden der Mitgliedsstaaten lediglich bestimmte Informationen automatisch untereinander austauschen. Der Wirtschafts- und Währungsausschuss (ECON) des Europäischen Parlaments hat unter Berichterstatter George Sabin Cutaş (S&D) den Richtlinienvorschlag kommentiert. Die erste Debatte im Ausschuss über den Berichtsentwurf von Cutaş verlief weitgehend konfliktfrei und konsensorientiert. Kommt der automatische Informationsaustausch?
Der Richtlinienvorschlag der Kommission

Die Europäische Kommission hat Anfang Sommer 2013 unter Federführung von Algirdas Semeta einen Vorschlag für eine Richtlinie zum verpflichtenden automatischen Austausch von Informationen im Bereich der Besteuerung veröffentlicht. Dieser Rechtsakt soll eine bereits bestehende Richtlinie um entscheidende Elemente erweitern. So ist angedacht, den neuen Mechanismus ab 2015 verpflichtend für alle Mitgliedsstaaten einzuführen. Nun sollen auch Informationen zu Dividenden, Veräußerungsgewinnen, sonstigen Finanzerträgen und Kontoguthaben der neuen Regelung unterliegen. Die vorhergehende Richtlinie 2011/16 beinhaltete bisher nur fünf Kategorien von Einkommen und Kapital, welche beim Austausch zu berücksichtigen sind: Erwerbsarbeit, Lebensversicherungen, Pensionen, Honorare und Besitz von bzw. Einkommen durch Immobilien.

Ziel dieser Reform ist die Schaffung von mehr Transparenz in steuerpolitischen Fragen auf europäischer Ebene. Ein automatischer Informationsaustausch soll insofern dafür sorgen, dass nationale Steuerbehörden durch Kooperation den eigenen Wissensstand verbessern und effektiver gegen Steuerbetrug und Steuervermeidung vorgehen können.

Folglich steht diese Richtlinie im Kontext anderer Initiativen zur Bekämpfung von Steuerbetrug, Steuerflucht und Steuervermeidung. Jüngst wurden diese Fragen am G20-Treffen in St. Petersburg debattiert und ein Konsens hinsichtlich der Notwendigkeit eines globalen automatischen Informationsaustausches erreicht. Zusätzlich haben die USA mit den Mitgliedsländern der EU den so genannte „Foreign Account Tax Compliance Act“ (FATCA) geschlossen.

Berichtsentwurf im Europäischen Parlament

Der Wirtschafts- und Währungsausschuss (ECON) des Europäischen Parlaments hat am 24.9.2013 über diesen Richtlinienvorschlag der Kommission debattiert. Zuerst stellte der als Berichterstatter verantwortliche Abgeordnete George Sabin Cutaş seine Anmerkungen dar. Er stimmte weitgehend mit den Vorstellungen der Kommission überein, ergänzte diese aber in drei wichtigen Dimensionen um entscheidende Fragen.

Erstens müsse bei Nichteinhaltung der Vorschriften auch ein Sanktionsmechanismus für die säumigen Nationalstaaten festgeschrieben werden. Cutaş blieb jedoch ein genaueres Konzept schuldig, wie etwaige Sanktionen genau auszusehen haben. In der folgenden Debatte im Ausschuss äußerste sich keiner der sich zu Wort meldenden Abgeordneten zu dieser Thematik.

Des Weiteren fordert Cutaş die explizite Berücksichtigung der datenschutzrechtlichen Bestimmungen der EU im Vorschlag der Kommission. Andere Parlamentarier unterstützen dieses Anliegen vor allem angesichts der aktuellen Enthüllungen rund um die Aktivitäten der NSA und anderer europäischer Geheimdienste.

Der dritte Ergänzungsvorschlag von Cutaş, welcher bereitwillig von allen anderen Mitgliedern des Wirtschafts- und Währungsausschusses (ECON) geteilt wurde, betraf Abkommen mit Drittländern. Ab sofort sollte diesbezüglich der Kommission ein Mandat ausgestellt werden, sodass sie wie auch in Handelsfragen alleine die Verhandlungen mit Drittländern im Bereich eines automatischen Informationsaustausches führt. Kerngedanke dahinter ist der Nutzen eines verstärkt gemeinsamen Vorgehens der Europäischen Union. Einheitliche von der Kommission ausgehandelte Abkommen mit Drittländern würden für alle Mitgliedsstaaten transparente Rahmenbedingungen bedeuten.

Cutaş betonte, dass der Informationsaustausch zwischen den USA und den Mitgliedsstaaten der EU in Steuerangelegenheiten durch den “Foreign Account Tax Compliance Act” (FATCA) eine Schieflage mit sich brächte. Es gäbe eine höhere transatlantische Transparenz im Bereich der Besteuerung als innerhalb der EU selbst. Dieser Umstand müsse mit der neuen Richtlinie schleunigst geändert werden. Zudem hätte die federführende Verhandlung durch die Kommission in dieser Angelegenheit für ein besseres weil einheitlicheres Ergebnis gesorgt.

Debatte im Ausschuss


Quer durch alle Fraktionen des Europäischen Parlaments wurden sowohl der Vorschlag der Kommission, als auch der Berichtsentwurf des Abgeordneten Cutaş weitgehend begrüßt. Allgemein wurde große Bereitschaft zugesichert, dass diese Richtlinie vom Parlament schnellstmöglich beschlossen werden könnte.

Leichte Reibungspunkte gab es lediglich im von Cutaş angesprochenen Verhältnis der EU zur USA. Abgeordnete der Europäischen Volkspartei (EPP) und der Liberalen (ALDE) äußerten Zweifel, ob die Orientierung an den USA angesichts der aktuellen Spionageskandale durch die NSA klug sei. Zudem müsse das Europäische Parlament bei steuerpolitischen Fragen vorsichtig sein, um nicht den Eindruck zu erwecken, nationale Kompetenzen vergemeinschaften zu wollen. Beide Aspekte könnten das Image einer dennoch sicherlich notwendigen Reform beschädigen und würden den Rückhalt in der Bevölkerung für diese Richtlinie deutlich erschweren.

Fazit & Ausblick

Zusammengefasst ist in der Frage des automatischen Informationsaustausches im Bereich der Besteuerung auffallend, dass prinzipiell ein breiter Konsens quer durch alle Fraktionen des Europäischen Parlaments besteht. Dieser Mechanismus wird als nützliches und notwendiges Mittel im Kampf gegen Steuerbetrug, Steuerflucht und Steuervermeidung gesehen. Zu klären sind allerdings dennoch einige technische Fragen. Am 4. November 2013 wird die erste Lesung des Richtlinienvorschlags der Kommission im Wirtschafts- und Währungsausschuss (ECON) des Europäischen Parlaments stattfinden. Es ist grundsätzlich nicht anzunehmen, dass die Abgeordneten gegen diesen Vorschlag der Kommission stimmen werden. Danach muss aber auch noch der Rat der Europäischen Union in dieser Sache entscheiden.

Hier könnte es schon eher zu hitzigeren Debatten kommen. Schließlich würde ein derartiger Informationsaustausch das Bankgeheimnis in Österreich und Luxemburg in seiner derzeitigen Verfassung abschwächen. Als zuletzt Luxemburg einlenkte, hat auch Wien seine Position aufgeweicht und einer Aufhebung für Ausländer im Rahmen des automatischen Informationsaustausches zugestimmt. Kontodaten von ÖsterreicherInnen würden aber beispielsweise nicht an andere EU-Staaten übermittelt werden. Bisher hat der Rat den Kommissionsvorschlag aber noch nicht formal behandelt, womit keine endgültige Klarheit über die Zukunft des Bankgeheimnisses in Österreich und Luxemburg besteht.

Trotz großer Einigkeit im Europäischen Parlament bleibt die zentrale Frage also weiterhin spannend: Kommt der automatische Informationsaustausch und wenn ja in welcher Form?

Weiterführende Informationen:

Richtlinienvorschlag der Kommission

Berichtsentwurf von George Sabin Cutaş (S&D)