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Vergangene Woche einigten sich Europäische Zentral Bank (EZB) und das Europäische Parlament (EP) auf die letzten Details zur Einrichtung einer gemeinsamen europäischen Bankenaufsicht (Single Supervisory Mechanism – SSM). Der SSM wird bei der EZB angesiedelt seien. Das ist nicht ideal, aber das EP konnte sich immerhin weitgehende Aufsichtsrechte sichern. Um die europäische Bankenunion zu vollenden ist aber noch ein ganzes Stück zu gehen – und selbst das ist nicht genug.
Gemeinsame Europäische Aufsicht

Die Finanzkrise hat die Unzulänglichkeiten fragmentierter nationaler Aufsichten in einer Währungsunion aufgezeigt. In der Krise ist es zu einer de-facto Desintegration des Bankenmarktes gekommen. In den unterschiedlichen Staaten bestehen ganz unterschiedliche Bedingungen für Banken und in der Folge auch für KreditnehmerInnen wie Unternehmen oder private Haushalte. Oftmals kritisiert wurde auch, dass die nationalen Bankenaufsichten zu nah an den nationalen Banken sind und eine wirklich unabhängige Aufsicht daher nicht möglich ist. Schließlich geht es auch darum die negative Spirale zwischen Banken und Staatschulden zu durchbrechen. Denn die Übernahme der privaten Verluste der Banken hat ganz wesentlich zur heutigen Schuldenkrise beigetragen (entgegen der Mär, Staaten hätten unverantwortlich Schulden aufgenommen).

Die gemeinsame Europäische Bankenaufsicht wird nicht wirklich eine gemeinsame Bankenaufsicht sein, denn sie gilt nicht uneingeschränkt für alle Banken innerhalb der EU. Die Aufsichtsbehörde, die bei der EZB angesiedelt sein wird, ist nur für jene Banken zuständig, die entweder ein Volumen von 30 Mrd. Euro überschreiten, oder deren Größe 20% oder mehr des BIP jenes Landes überschreitet, in dem sie angesiedelt sind. Die EZB wird aber die Möglichkeit bekommen, bei kleineren Banken als Aufseher tätig zu werden, wenn sie ein Risiko für die Stabilität eines Landes oder Eurozone sieht. Insbesondere Deutschland hat darauf gedrängt, seine Sparkassen und Landesbanken auszunehmen. KritikerInnen befürchten, wohl nicht zu Unrecht, dass diese Teilung von Aufgaben in der Zukunft zu Konflikten zwischen der EZB und den nationalen Aufsichtsbehörden führen wird.

Die EZB als Aufsichtsbehörde wird zukünftig dafür zuständig sein, Kreditinstitutionen eine Zulassung zu erteilen, oder sie ihnen auch wieder zu entziehen, die Erfüllung der Aufsichtsregeln durch die Banken zu überwachen, gegebenfalls heraufzusetzen, Eigenkapitalvorschriften zu überwachen und heraufzusetzen, die internen Steuerungsmechanismen für Banken zu bestimmen und schließlich Stresstests durchzuführen. Letzteres wird auch am Beginn der neuen Rolle der EZB stehen, um zu überprüfen, wo Maßnahmen notwendig sind.

Dass der EZB die einheitliche Aufsicht überantwortet wird, ist durchaus nicht unproblematisch. Allerdings wurden andere Möglichkeiten, wie die Schaffung einer neuen Institution als rechtlich nicht möglich angesehen. Die EZB hat bereits jetzt eine große Macht in der einseitig auf Inflationsbekämpfung ausgerichteten Geldpolitik und ist in der Krise enorm gestärkt worden. Als unabhängige Institution wird sie auch oft als undemokratisch bzw. der Öffentlichkeit unverantwortlich kritisiert. Außerdem ist zu befürchten, dass die EZB Geldpolitik und Bankenaufsicht vermischt und es somit zu Zielkonflikten kommt. Eine Reihe von Vorschriften, die erst letzte Woche zwischen Parlament und EZB vereinbart wurden - und damit erst den Weg zum Beschluss der entsprechenden Rechtsakte bereitet haben – soll diese Gefahren abwenden.

Erstens soll das Personal der EZB, das mit der Bankenaufsicht betraut ist, strikt von jenem getrennt sein, das in der Geldpolitik tätig ist. Für die Bankenaufsicht wird ein eigens Gremium innerhalb der EZB geschaffen. Das EP hat hier eine ganze Reihe von Bestimmungen durchgesetzt, die eine demokratische Kontrolle garantieren soll. Der Vorsitzende dieses Aufsichtsgremiums soll in einem offenen Prozess bestimmt werden, während seinE StellvertreterIn aus dem EZB-Rat stammen wird. In beiden Fällen haben EP und der Rat die Möglichkeit ein Veto einzulegen und gegebenfalls auch ein Abberufungsverfahren in Gang zu setzen. Darüber hinaus wird die EZB dem Parlament auch regelmäßig Bericht erstatten, auf Fragen der Abgeordneten antworten und unter bestimmten Bedingungen auch vertrauliche Informationen mit den Abgeordneten teilen. Die Hoffnungen sind hier groß, allerdings gibt es durchaus auch Befürchtungen, dass die EZB ihre Praxis des Ignorierens demokratischer Institutionen fortsetzen und nur so wenig wie möglich mit dem Parlament zusammenarbeiten wird.

Wie weiter


Mit einer gemeinsamen Aufsicht ist die Bankenunion aber noch lange nicht Wirklichkeit. Denn die Verantwortung für die Abwicklung von Banken bleibt vorerst in Hand der einzelnen Mitgliedsstaaten. Der nächste wichtige Schritt ist daher die Aufstellung eines soliden und einheitlichen Mechanismus zur Abwicklung von Banken (Single Resolution Mechanism – SRM). Derzeit werden hier zwei Gesetzesvorlagen diskutiert, eine zu den Bestimmungen, nach denen Banken zukünftig abgewickelt werden und eine weitere zur Einrichtung eines gemeinsamen europäischen Mechanismus. Das wichtigste Ziel eines neuen SRM ist es, die öffentlichen Haushalte und damit auch die Allgemeinheit davor zu bewahren, wieder Banken retten zu müssen. Zukünftig sollen daher zunächst die privaten Investoren einer Bank zur Kasse gebeten werden. Gerät eine Bank in Schwierigkeiten werden zukünftig bis zu 8% der Verbindlichkeiten der Bank in Eigenkapital umgewandelt werden. Reicht das nicht aus kann eine Bank zukünftig auch durch Geld aus einem durch Banken finanzierten Abwicklungsfonds finanziert werden. Erst danach sollen öffentliche Gelder, etwa durch den Staatshaushalt oder den ESM zur Rekapitalisierung schlagend werden. Allerdings sind hier noch einige Fragen offen, denn der Fonds wird noch 10 Jahre benötigen, bis er durch die Beiträge der Banken seine volle Größe von rund 55 Mrd. Euro erreicht hat. Außerdem sind im derzeitigen Vorschlag des Rates, wie der Grüne Europaabgeordnete Sven Giegold kritisiert, noch Bestimmungen enthalten, die es Staaten erlauben würden, noch früher im Prozess eine Bank aus öffentlichen Mitteln zu retten.

In der Diskussion zum SRM im Wirtschaftsausschuss ECON des EP wurde der Vorschlag der Kommission grundsätzlich begrüßt. Offen ist aber auch hier vor allem die Frage der Verantwortlichkeit. Denn es wird die Kommission bzw. eine von ihr gegründete Agentur sein, die darüber entscheiden soll, wann eine Bank abgewickelt wird. Hier wird es noch darum gehen, dem EP und damit den BürgerInnen ausreichende Kontrollmechanismen zu sichern.

Schließlich wurde in der Debatte auch klar, dass die Vollendung der Bankenunion, sofern sie vor allem gegen deutschen Widerstand durchgesetzt werden kann, zwar wichtig ist, aber die neuen Mechanismen zur Abwicklung maroder Banken nicht ausreichen werden, um im Fall einer systemischen Finanzkrise wie der gerade erlebten, die neue Bankenrettungen mit öffentlichen Geldern zu verhindern.

Zweifelsohne ist der SSM ein richtiger Schritt, und auch den RSM gilt es weiter zu verfolgen. Allerdings werden systemische Risiken dadurch nicht ausreichend verringert. Nach wie vor wird es auch in einer Bankenunion Banken geben, die „too big to fail“ sind und Investmentgeschäfte und normale Banktätigkeiten werden weiterhin nicht getrennt werden. Vorschläge, die dieses strukturelle Problem angehen, wie der Bericht der Expertengruppe unter dem Vorsitz des finnischen Zentralbankpräsidenten Erkki Liikanen, sind derzeit in den Schubladen der Kommission verschwunden.

Weitere Informationen

RICHTLINIE DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES zur Festlegung eines Rahmens für die Sanierung und Abwicklung von Kreditinstituten und Wertpapierfirmen

VERORDNUNG DES RATES zur Übertragung besonderer Aufgaben im Zusammenhang mit der Aufsicht über Kreditinstitute auf die Europäische Zentralbank

Presseaussendung der Kommission zum Beschluss des SSM

Presseaussendung der Kommission zum SRM