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Die nächsten Wahlen zum Europäischen Parlament werden höchstwahrscheinlich um zwei Wochen auf den 22. bis 25. Mai 2014 vorverlegt. Dadurch soll die Wahlbeteiligung steigen und die Entscheidung des Parlaments über einen neuen Kommissionspräsidenten beschleunigt werden. Für die Wahl der dann 751 EU-Abgeordneten selbst beschloss die Kommission diese Woche Empfehlungen, die die europäischen Parlamentswahlen attraktiver machen sollen: Eine verbesserte Aufklärung der BürgerInnen, ein gemeinsamer Wahltag, klar erkennbare Parteienbündnisse und von den Parteien nominierte KandidatInnen für das Amt des Kommissionspräsidenten sollen die gesamteuropäische Demokratie stärken und dementsprechende Debatten anstoßen.
Diese Woche haben VertreterInnen der Mitgliedsstaaten einen Entwurf verabschiedet, nachdem die nächsten Wahlen des Europäischen Parlaments um zwei Wochen vorverlegt werden sollen – statt von 5. bis 8. Juni auf den 22. bis 25. Mai 2014. Dadurch soll eine niedrige Wahlbeteiligung durch die Pfingstfeiertage vermieden werden, wodurch auch die demokratische Legitimität des Parlaments gestärkt werde. Die zukünftigen Mitglieder des Parlaments hätten dann auch mehr Zeit für die Entscheidung über die Kommissionspräsidentschaft, was diesen Prozess beschleunigen würde. Überdies kämen keine frühzeitigen Sommerferien in die Quere. Dieser Entwurf über die Wahlvorverlegung entspricht den Wünschen des Parlaments, muss von diesem noch beschlossen und anschließend im Rat einstimmig abgesegnet werden. Beides gilt als sicher.

Vorschläge der Kommission

Unter welchen Bedingungen soll die kommende Wahl 2014 ablaufen und wie könnte dadurch eventuell die demokratische Legitimität europäischer Entscheidungen gestärkt werden? Dazu hat die Kommission am Dienstag einige Empfehlungen beschlossen, welche die EU bürgernäher machen sollen und die BürgerInnen selbst mehr in die Politik der europäischen Ebene einbeziehen können. Folgende vier Punkte sollen aus Sicht der Kommission zu einem verstärkten Interesse an der Europawahl führen, gesamteuropäische Debatten über die gemeinsame Zukunft anregen und auch die voranschreitende Integration zu einer echten Wirtschafts- und Währungsunion mit demokratischer Legitimität und Rechenschaftspflicht ausstatten.
-Erstens sollen sich die EU-Mitgliedsstaaten auf einen gemeinsamen Tag für die Wahl 2014 einigen. Bisher fanden die Wahlen immer in einem Zeitraum von vier Tagen statt, was offenkundig an der Attraktivität der Wahl selbst kratzt.
-Zweitens sollen die nationalen Parteien im Vorfeld der Wahl klar und deutlich machen, welchem Parteienverband sie auf europäischer Ebene angehören.
-Drittens – so die Kommission in ihren Vorschlägen – sollen diese Europaparteien mit nominierten KandidatInnen für das Amt des Präsidenten der Europäischen Kommission in die Wahlauseinandersetzung gehen. Dies würde bedeuten, dass sich z. B. die liberalen Parteien Europas auf eine/n Kandidaten bzw. eine Kandidatin gemeinsam einigen und diese/n nominieren.
-Viertens sollen die nationalen Parteien ihre (potentiellen) WählerInnen diesen „Präsidentschaftskandidaten“ bzw. diese innerhalb der jeweiligen europäischen „Parteienfamilie“ nominierte Kandidatin für das Amt der Kommissionspräsidentin im Wahlkampf näherbringen. Damit zielt die Kommission, so scheint es, auf einer Personalisierung der Wahlauseinandersetzung auf europäischer Ebene ab, die aber auch die Entscheidungen und Politiken der dann neuen Kommission nachvollziehbarer machen könnte.
Diese Empfehlungen sollen zuallererst einmal europaweite und europäische Diskussionen anstoßen, werden aber noch rechtzeitig vor den nächsten Parlamentswahlen mit Entwürfen für Vertragsänderungen konkretisiert. Unterstützung finden die Initiativen der Kommission durch die neuesten Zahlen der Eurobarometer-Umfrage: 84 % der EU-BürgerInnen sind der Meinung, dass sich die Wahlbeteiligung steigern ließe, wenn die WählerInnen besser über die Programme der im Parlament vertretenen Parteien, die EU-Wahl selbst und die Auswirkungen der EU auf ihren Alltag informiert werden würden. 73 % wiederum meinen, es würde der Wahlbeteiligung gut tun, wenn die WählerInnen über die die Verbindung zwischen nationaler und assoziierter europäischer Partei aufgeklärt seien. Eine Mehrheit von 62 % wiederum glaubt, dass ein einheitlicher Wahltag und gemeinsam nominierte KommissionspräsidentInnen die Wahlbeteiligung heben würden.

Hintergrund der Empfehlungen

Diese Kommissionsvorschläge, die auf eine Steigerung der demokratischen Legitimität der Parlamentswahlen abzielen, kommen nicht von ungefähr. Der Ende 2009 in Kraft getretene Vertrag von Lissabon hat sowohl die formale Rolle der EU-BürgerInnen als politische Akteure gestärkt als auch das EU-Parlament mit mehr Mitbestimmungsrechten in der Gesetzgebung bzw. Budgeterstellung ausgestattet. Eine wesentliche Aufgabe des EU-Parlaments ist es auch – auf Basis eines Vorschlages des Rats – über einen Kommissionspräsidenten bzw. eine Kommissionspräsidentin zu entscheiden. Diese institutionelle Verknüpfung von Kommission und EU-Parlament könne in den Wahlbewegungen deutlich werden und durch die Nominierungen von KandidatInnen auch sichtbar gemacht werden. Die nun vorgeschlagenen Punkte bauen auch auf einer Kommissionsverordnung zur Stärkung der europäischen Parteien und einer Resolution des Europäischen Parlaments vom 22. November 2012 auf. In letzterer werden die politischen Parteien aufgefordert, ihren PräsidentschaftskandidatInnen eine zentrale Rolle in den Wahlkämpfen zukommen zu lassen. Zusätzlich wurde in einigen Reden und Dokumenten der Kommission und des Rates in den letzten Monaten darauf hingewiesen, dass eine zunehmend integrierte Wirtschafts- und Währungsunion durch mehr demokratische Legitimität komplementiert werden solle. Diese Veränderungen der EU-Wahl würden einen Schritt in diese Richtung markieren und eine Möglichkeit darstellen, um auf europäischer Ebene Diskussionen über die institutionelle und inhaltliche Ausrichtung der Union verstärkt anzuregen. Oder, wie die Vize-Präsidentin der Kommission Viviane Reding in der Pressekonferenz zu diesem Empfehlungspaket anmerkte: „Bei der Wahl des Europäischen Parlaments nächstes Jahr soll es um europäische Themen gehen. Diese soll nicht benützt oder missbraucht werden für nationale Motive oder um Frustration gegenüber einer nationalen Regierung auszudrücken.“

Weiterführende Information:

Eurobarometer zum Wahlrecht