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Bereits seit 2005 sind die Rechte von Flugpassagieren in einer EU-Verordnung geregelt. Dennoch haben viele Reisende nach wie vor Probleme ihre Rechte durchzusetzen, wie auch die Kommission in ihren Ausführungen zum neuen Verordnungsvorschlag einräumt. Die Schwierigkeiten betreffen verschiedene Bereiche wie beispielsweise verloren gegangenes Gepäck, vorenthaltene Mahlzeiten, Unterbringung oder nicht gezahlte Kompensationen. Die Kommission möchte die Passagierrechte laut eigenen Aussagen nun in einem neuen Verordnungsvorschlag stärken. Wie ein erster Blick in den Rechtstext zeigt, dürfte dies aber nicht überall gelungen sein.
Trotz der seit 8 Jahren geltenden Verordnung zeigen laut Kommission Erhebungen aus mehreren Ländern, dass es für die Flugpassagiere nach wie vor viele Probleme gibt zu ihrem Recht zu kommen. So wurden den von längeren Verspätungen betroffenen Passagieren in weniger als 50 % der Fälle Erfrischungen, Mahlzeiten oder eine Unterbringung angeboten. Eine dänische Umfrage kam gar zu dem Ergebnis, dass weniger als 4 % der Fluggäste, die einen Anspruch auf einen finanziellen Ausgleich haben, diesen dann auch tatsächlich erhalten. Laut Kommissionsinformation liegen diese Probleme unter anderem an unklaren rechtlichen Bestimmungen sowie unzureichenden Sanktionsregelungen der nationalen Behörden.

Der neue Verordnungsvorschlag der Kommission reagiert nun auf die Beschwerden der Flugpassagiere, aber leider auch auf manche Forderungen der Fluglinien:

In der Vergangenheit haben Fluggesellschaften bei Verspätungen gerne auf den Begriff „außergewöhnliche Umstände“ zurückgegriffen, da die Airlines in diesem Fall keinen Ausgleich zahlen müssen. Der neue Verordnungstext grenzt die außergewöhnlichen Umstände nun klar ab: Es müssen Umstände vorliegen, die nicht von der Fluggesellschaft zu beherrschen sind. Beispiele werden auch genannt: Außergewöhnlich seien demnach Naturkatastrophen oder Fluglotsenstreiks. Nicht außergewöhnlich seien hingegen technische Probleme bei der routinemäßigen Wartung des Flugzeugs.

Während der Europäische Gerichtshof jüngst feststellte, dass ein Anspruch auf eine finanzielle Entschädigung ab einer Verspätung von drei Stunden bestehe (außer bei den oben genannten außergewöhnlichen Umständen) schlägt die Kommission nun jedoch eine andere, für den Flugpassagier wesentlich schlechtere Regelung vor: Ein finanzieller Ausgleichsanspruch soll bei Flügen innerhalb der EU und bei internationalen Flügen bis 3.500 km ab einer Verspätung von 5 Stunden, bei den übrigen Drittstaatsflügen erst bei einer Verspätung von 9 Stunden (Entfernung bis 6.000 km) bzw. 12 Stunden (Entfernung über 6.000 km) bestehen. Die Kommission rechtfertigt die für die Fluggäste schlechte Neuregelung damit, dass die Fluglinien meist mehr als drei Stunden benötigen, um Ersatzteile oder Ersatzmaschinen zu organisieren und es ja das Hauptziel sei, dass die Passagiere den Zielort erreichen.

Bei der Verspätungszeit soll aber zumindest auch jene Zeit miteingerechnet werden, in der sich die Fluggäste bereits in der Kabine befinden, das Flugzeug aber noch auf der Rollbahn steht. Die angemessene Beheizung beziehungsweise Kühlung der Kabine, sowie das Recht auf Benützung der Toilette und auf Versorgung mit Trinkwasser, sollte sich das Flugzeug verspäten und längere Zeit auf der Rollbahn stehen, wird explizit genannt.

Positiver zu werten ist jedoch, dass nun die Frage der Anschlussflüge bei einer verspäteten Ankunft klar geregelt wird: Verzögert sich die Ankunft um zwei Stunden, müssen Unterstützungsleistungen erbracht werden, bei mehr als fünf Stunden für Strecken bis 3.500 km (bzw. 9 Stunden für bis zu 6.000 km und 12 Stunden für mehr als 6.000 km) besteht ein Anspruch auf finanziellen Ausgleich. Die Kommission beschränkt die von den Fluggesellschaften zu erbringende Unterbringungspflicht bei außergewöhnlichen Umständen jedoch auf drei Nächte (davon ausgenommen sind wiederum Personen mit eingeschränkter Mobilität samt Begleitpersonen, Schwangere und Kinder ohne Begleitung). Keine Unterbringungspflicht soll es außerdem bei kurzen Strecken bis 250 km geben.

Zu begrüßen ist am Vorschlag der Kommission, dass der Rückflug nicht verfällt, wenn der Hinflug nicht in Anspruch genommen wurde. Bisher galt bei den allermeisten Airlines die Praxis, dass der Retourflug automatisch verfiel, wenn der Hinflug nicht wahrgenommen wurde.

Für verloren gegangenes oder beschädigtes Gepäck wurde bisher meist nicht der tatsächliche Wert der Ausrüstung ersetzt. Laut dem neuen Verordnungstext müssen Fluggesellschaften dem Passagier nun die Möglichkeit geben, den tatsächlichen Wert des Gepäcks anzugeben, was die Haftung für das Luftfahrtunternehmen entsprechend erhöht.

Bei der Durchsetzung der Fluggastrechte geht die Kommission offensichtlich in die richtige Richtung: Die Koordinierung und der Informationsaustausch zwischen den nationalen Durchsetzungsstellen soll mithilfe der Kommission deutlich verbessert werden. Fluggesellschaften sollen zur Einrichtung klarer Beschwerdeverfahren (zum Beispiel über ein Online-Formular) und zur Beantwortung von Beschwerden binnen zwei Monaten verpflichtet werden.

Nach der Veröffentlichung des neuen Verordnungsvorschlags werden Rat und Europäisches Parlament in den nächsten Wochen mit den Verhandlungen beginnen. Dabei kann es durchaus noch zu erheblichen Änderungen im Rechtstext kommen. Wann die Beratungen dazu abgeschlossen werden und die neue Verordnung in Kraft tritt, ist derzeit noch völlig offen.

Weiterführende Information:


Verordnungsvorschlag der Kommission zu den Flugpassagierrechten