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In den vergangenen Wochen hat die Europäische Kommission an der Erweiterung und Vertiefung des Binnenmarktes gearbeitet. Diesen Mittwoch wurde von Binnenmarktkommissar Michel Barnier ein Vorschlag dazu präsentiert. Aus gewerkschaftlicher Sicht gehen bei einigen Punkten des Papieres die Alarmglocken an, da Marktbarrieren und Handelshemmnisse beseitigt, aber wichtige Beschäftigungsaspekte ignoriert werden. Im Vorschlag der Kommission wird auf die Situation am Arbeitsmarkt nicht eingegangen, obwohl dieser ein wichtiger Teil des Binnenmarktes darstellt. Interessen des freien Marktes werden darin prioritär behandelt.
Weitere Marktöffnungen vorgesehen

Die Binnenmarktakte II enthält Ideen zu neuerlichen Liberalisierungen, im Besonderen in den Sektoren Energie und Verkehr. Mit dem Schlagwort der Wettbewerbsfähigkeit, die kostengünstigere und bessere Angebote bringen würde, versucht die Kommission diese Idee lukrativ zu machen. Doch die Erfahrungen, vor allem im Sektor Eisenbahn zeigen, dass Marktöffnung und Wettbewerb Betriebe zu Kosteneinsparungen zwingt, die sich zum Nachteil von ArbeitnehmerInnen und der Dienstleistungsqualität auswirken. Einsparungen erfolgen meist über Personalkosten, was u.a. Stellenabbau, Auslagerung der Arbeit an externe Anbieter (z.B. Reinigungsdienste) und Zunahme atypischer bzw. prekärer Beschäftigung nach sich zieht. Durch diese Restrukturierungen von Betrieben steigen Arbeitspensum und –druck bei gleichzeitigem Abbau von Investitionen in Ausbildung, Gesundheit und Sicherheit. Diese und weitere Punkte haben dann wiederum Auswirkungen auf die allgemeine Sicherheit im Bahnverkehr. Privatisierungsexperimente gerade im Bereich der Eisenbahn sind daher fehl am Platz.

Worauf wurde in der Binnenmarktakte II vergessen?

Im Vorschlag finden sich einige unzureichende Abschnitte, deshalb fordert der ÖGB:

-EU-Entsenderichtlinie und die Umsetzung der Dienstleistungsrichtlinie müssen Maßnahmen gegen Lohn- und Sozialdumping beinhalten. Gerade beim grenzüberschreitenden Einsatz von ArbeitnehmerInnen werden soziale Standards gerne unterlaufen, umso wichtiger ist eine Festschreibung von Lohn- und Sozialstandards bzw. sozialer Grundrechte, die zum Teil den Status von Menschenrechten im Sinne des EMRK besitzen. Doch leider sucht man in der Binnenmarktakte II vergeblich nach diesen wichtigen Punkten.

-Eine flächendeckende und leistbare Versorgung mit elementaren öffentlichen Dienstleistungen muss gewährleistet werden.

-Fragen der Beschäftigung und Umwelt sind untrennbar mit dem Binnenmarkt verbunden und müssen daher berücksichtigt werden.

Kommissar Barnier wünscht sich eine Umsetzung der diversen Ideen der Binnenmarktakte II bis Frühling 2013. Die Gewerkschaften fordern jedoch eine Überarbeitung der Vorschläge einschließlich einer Analyse der Auswirkungen des Binnenmarktes auf die Beschäftigungssituation in Europa und die Funktionsweise der europäischen Sozialmodelle.