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Am 12. September präsentierte Binnenmarktkommissar Michel Barnier das seit Juni in Planung befindliche Bankenaufsichtspaket, welches eine zentrale, unabhängige und demokratische Kontrolle der Euro-Banken gewährleisten soll.
Mittels der ersten Verordnung soll die Bankenaufsichtskompetenz von den nationalen Behörden auf die EZB übertragen werden. Die EZB bekommt somit nicht nur eine genauere Einsicht in alle 6.000 Banken im Euroraum, sondern u.a. die Befugnis Bank- und Finanzlizenzen zu vergeben bzw. zu entziehen.

Die zweite Verordnung beschäftigt sich mit der bereits bestehenden Europäischen Bankenaufsichtsbehörde (EBA), die ihre Aufgaben weiterhin ausführen soll: Die Weiterentwicklung eines einheitlichen Bankenregelwerks für alle 27 Mitgliedsstaaten sowie die Sicherstellung einer unionsweiten Aufsichtspraxis.

In der neuen Mitteilung wurde von der Kommission auch ein Fahrplan für die weiteren Schritte zur Bankenunion vorgelegt.

Zur Inkraftsetzung der Verordnungen einstimmige Annahme der Mitgliedsstaaten benötigt

Da die Verordnungen auf Artikel 127 Absatz 6 des EU-Vertrages fußen, müssen die vorgeschlagenen Verordnungen nur von den Euro-Mitgliedsstaaten und nicht durch das Europäische Parlament abgesegnet werden. Dies ist auch einer der schärfsten bislang aufgetretenen Kritikpunkte, denn das Europäische Parlament wird nicht in die Errichtung des einheitlichen Aufsichtsmechanismus eingebunden. Sollten die Vorschläge vom Rat angenommen werden, wird das EP als Überwacher der Überwacher dienen, aber schwach bewaffnet: die EZB wird dem EP gegenüber nur eine Rechenschaftspflicht erfüllen müssen.

Erste Einschätzungen

Als weiterer Kritikpunkt wird – insbesondere vom deutschen Finanzminister – angeführt, dass die EZB nicht die Kapazitäten hätte 6.000 Banken zu überwachen. Laut Kommission sollen bis 2014 alle Banken von der EZB und nicht mehr von den nationalen Behörden kontrolliert werden. Dies wirft neue Sorgen auf, da es in Händen der EZB liegen wird, in welcher Reihenfolge sie Banken unter ihre Beobachtung stellt.

Dennoch ist das Anliegen der Kommission und der EZB, die Kontrolle und Identifizierung von maroden Banken aus den Händen der nationalen Überwachungsinstitute zu nehmen, durchaus positiv zu bewerten. Denn die nationalen Aufseher haben offensichtlich viele gravierende Fehlentwicklungen übersehen, wodurch Schwächen der Kreditinstitute so lange verschleppt wurden, bis der finanzielle Ausfall nur mehr mit Geldern der SteuerzahlerInnen aufgehalten werden konnte. Daher ist eine effektivere Überwachung der Banken zu begrüßen, vorausgesetzt dass Mitsprache- und Informationsrecht der ArbeitnehmerInnen und Gewerkschaften sowie die demokratische Kontrolle durch das Europäische Parlament gewährleistet sind.

Der heutige Vorschlag der Kommission beinhaltet einige wichtige Kompetenzen für eine effektive Aufsicht über die europäischen Banken, so zum Beispiel:

-Beurteilung von Erwerb und Verkauf von Banken bzw. Bankenanleihen
-Durchführung von Stresstests, um die Stabilität von Banken zu überprüfen
-Intensive Kontrolle von Kreditinstituten in Finanzkonglomeraten

Die Kommission möchte mit der Umsetzung der Verordnung bereits im Jänner 2013 beginnen. Das heutige Paket ist ein erster Schritt hin zur geplanten Bankenunion, die noch durch Vorschläge zu einheitlichen Eigenkapitalvorschriften, einem Rahmen für Bankensanierung und –abwicklung sowie einer harmonisierten Einlagensicherung vervollständigt werden soll. Der Europäische Gewerkschaftsbund wird das Paket in den kommenden Wochen genauer analysieren und auf Schwachpunkte abklopfen. Der EGB-Vorstand wird im Oktober eine Beurteilung der Pläne vornehmen. Klar ist jedoch bereits, dass die Bankenunion durch eine strengere Regulierung des Finanzsektors ergänzt werden muss. Kommissar Barnier hat dazu viele Vorschläge gemacht, die aber allzu oft verwässert wurden. Bis Ende 2013 möchte er nach eigener Aussage die Finanzmarktregulierung in den wichtigsten Feldern abgeschlossen haben.