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Mit der sogenannten „Monti-II-Verordnung“ wollte die EU-Kommission das Verhältnis zwischen kollektiven Kampfmaßnahmen – insbesondere Streiks – einerseits und den wirtschaftlichen Marktfreiheiten des Binnenmarktes andererseits klären. Die Ablehnung zum Vorschlag war von der ersten Minute an stark, nicht nur von Seiten der ArbeitnehmerInnenvertretung. Nun haben sogar zum ersten Mal seit Inkrafttreten des Vertrags von Lissabon die Mitgliedstaaten einen Verordnungsvorschlag nicht akzeptiert. Geschehen ist das im Wege der Subsidiaritätsrüge. Damit wurde vorerst der Vorschlag gestoppt, die EU-Kommission muss sich erklären.
Nationale Parlamente stoppen vorerst Monti-II-Verordnung

Die Monti-II-Verordnung war als Reaktion auf Urteile des EuGH gedacht, durch welche grundlegende soziale Rechte der Freiheit der Wirtschaft untergeordnet wurden. Doch auch im Vorschlag der Kommission wurde festgehalten, dass Grundrechte keinen Vorrang vor Marktfreiheiten haben, sondern auf gleicher Ebene stehen. Damit wurde praktisch die Rechtsprechung des EuGH einzementiert. Durch das Veto von einem Drittel der Mitgliedstaaten ist nun die Verordnung aber vorerst gestoppt. Das Rechtsinstrument, von dem die Mitgliedstaaten Gebrauch gemacht haben, war die Subsidiaritätsrüge. Der Lissabonner Vertrag sieht ein solches „Frühwarnverfahren“ in dem Fall vor, wenn nationale Parlamente begründete Bedenken haben, dass ein Kommissionsvorschlag die Vertragsgrenzen überschreitet und in nationale Gesetzgebung eingreift. Insgesamt erhoben zwölf nationale Regierungen Einspruch gegen die geplante Regelung. Österreich war nicht darunter.

Einspruch der Mitgliedstaaten kann fruchtlos bleiben


Trotz des erfolgreichen Einspruchs könnte die Verordnung in ihrer aktuellen Form umgesetzt werden. Denn die Kommission kann mit einer Erklärung auf ihren Plänen beharren. Auf der anderen Seite würde sich aber für die EU-Kommission eine Chance bieten, das zu tun, was sie schon von Anfang an hätte tun sollen: festzuhalten, dass im Binnenmarkt die Grundrechte der ArbeitnehmerInnen Vorrang vor den Marktfreiheiten haben. Diese Vorrangstellung des Vereinigungsrechts und des Streikrechts war durch einige fehlerhafte Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs in Frage gestellt worden und muss korrigiert werden. Die europäischen Gewerkschaften fordern daher auch seit langem die Verankerung einer sozialen Fortschrittsklausel im EU-Vertrag, die den Vorrang von sozialen Grundrechten verbindlich festschreiben soll.