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Sie führen Bank-ähnliche Tätigkeiten der Kreditvermittlung durch, ohne jedoch denselben Regulierungen wie Banken zu unterliegen: Wie „Schattenbanken“ wie Finanzierungsgesellschaften oder Geldmarktfonds künftig besser reguliert werden können, um ihren Risiken für die Stabilität des Finanzsystems entgegenzuwirken, wird derzeit auf EU-Ebene heiß debattiert. Im Anschluss an das von der EU-Kommission veröffentlichte Grünbuch zum Schattenbankwesen und im Kontext der laufenden Konsultation war das Ziel einer Konferenz, unterschiedliche Ansichten zur Rolle der Schattenbanken und möglichen Regulierungsvorhaben in diesem Bereich zu diskutieren.
Binnenmarkt- und Dienstleistungskommissar Michel Barnier erinnerte daran, dass ein Ziel der laufenden Konsultation darin besteht, zu definieren, was unter dem Schattenbankwesen überhaupt zu verstehen ist. Es müsse dafür gesorgt werden, dass Regulierungs- und Aufsichtsbehörden die Hebeleffekte der Schattenbank-Akteure erkennen und kontrollieren können. Alternative Finanzierungsketten, die der Realwirtschaft nützen, sollen nicht in Frage gestellt werden. Geldmarktfonds könnten etwa umfangreiche kurzfristige Finanzierungen bereitstellen, sind aber auch für massiven Mittelabzug anfällig.

Zu Beginn der ersten Podiumsdiskussion meinte Jean-Pierre Jouyet, Vorsitzender der französischen Finanzmarktbehörde Autorité des Marchés Financiers, Schattenbanken seien eine Quelle systemischen Risikos, doch wenn sie richtig reguliert werden, stellten sie auch eine wichtige Finanzierungsquelle für die Wirtschaft dar. In einem ersten Schritt sollten die Schattenbank-Akteure basierend auf ihren Aktivitäten ermittelt werden. Diese Überprüfung müsse dauerhaft durchgeführt werden, da sich das Finanzsystem ständig verändert. Als zweiten Schritt sollten dann die Risiken analysiert und bekämpft werden, die ein Schattenbank-Akteur für das Finanzsystem darstellt. Verschiedene Optionen seien für Regulierungsansätze möglich.

Sven Giegold, EU-Abgeordneter der Grünen, verwies darauf, dass in der Finanzkrise gefährliche Blasen durch komplizierte Finanzprodukte erzeugt wurden, und das Risiko an Leute weitergereicht wurde, die es nicht tragen konnten. Die Politik war von einer bestimmten Ideologie und Interessen getrieben, in den Finanzmärkten herrschte die Sichtweise vor, alles, was nicht reguliert ist, sei möglich. Aus einer ökonomischen Perspektive gebe es jedoch keinen Beweis dafür, dass komplexere und unregulierte Finanzsysteme zu Wachstum führen. Giegold plädierte für weniger Komplexität im Finanzsystem, sowie größere Kohärenz in der Regulierung.

Paul Tucker, stellvertretender Gouverneur der Bank of England, unterstrich, dass es nicht darum gehe, das Schattenbanksystem zu entfernen, sondern es effektiv zu überwachen und auf flexible Weise auf dessen Risiken zu antworten. Das Schattenbankwesen sei nicht gleichzusetzen mit dem gesamten Nicht-Banken-Finanzsektor, und die große Mehrheit der Hedgefonds sei nicht zu den Schattenbanken zu rechnen, stimmten Tucker und Jouyet überein. Im Rahmen einer Liste detaillierter Vorschläge meinte Tucker unter anderem, dass Schattenbank-Gesellschaften oder -Fonds, die von Banken gesponsert oder betrieben werden, in die Bilanzen der Banken integriert werden sollten. Wenn Finanzierungsgesellschaften und Wertpapierhändler sich in erheblichem Ausmaß durch kurzfristige Schulden finanzieren, sollten sie der Regulierung und Aufsicht ihrer Bilanzen unterliegen, wie sie für Banken typisch ist. Außerdem sollte es nur Banken erlaubt sein, Kundengelder zu verwenden, um die eigene Geschäftstätigkeit in erheblichem Ausmaß zu finanzieren.

Xavier Freixas, Professor an der Universität Pompeu Fabra in Barcelona, argumentierte, Finanzierungsgesellschaften haben ein niedriges Konkursrisiko, da sie einen niedrigeren Fremdfinanzierungsgrad des Kapitals als Banken haben. Ihre Tätigkeit sei eine willkommene alternative Form, die Industrie zu finanzieren, und Finanzierungsgesellschaften könnten einspringen, wenn Banken nicht genug Kredite vergeben können. Es gehe darum, die Kosten, die durch Konkurse entstehen, zu minimieren. In diesem Sinne sollten Banken geschützt und Finanzierungsformen mit niedrigem Konkursrisiko gefördert werden.

Bis 1. Juni noch können Vorschläge im Rahmen der Konsultation zum Schattenbankwesen an die Kommission gerichtet werden.


Weiterführende Informationen:
Grünbuch Schattenbankwesen