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EU-Justizkommissarin Viviane Reding wollte es auf die nette Tour versuchen, als sie vor genau einem Jahr die Initiative zur freiwilligen Selbstverpflichtung für mehr Frauen in Führungspositionen bei börsennotierten Unternehmen startete. Das Ergebnis ist ernüchternd. Gerade einmal 24 Unternehmen in ganz Europa haben die freiwillige Selbstverpflichtung unterschrieben, aus Österreich ist kein einziges darunter. Nun ist es also Zeit, andere Geschütze aufzufahren, und Reding droht als Ultima Ratio mit der Einführung einer EU-weiten gesetzlichen Frauenquote. Bis es dazu kommt, wird aber noch einige Zeit vergehen.
Eurobarometer-Umfrage: 75 Prozent der EU-BürgerInnen wollen Frauenquote

Die europäische Bevölkerung spricht sich in einer Eurobarometer-Umfrage klar für die Einführung von Rechtsvorschriften zum Geschlechtergleichgewicht in Führungsgremien in der EU aus. Mehr braucht es wohl nicht, um die Politik zu einem Umdenken zu bewegen. Auch Kommissarin Reding, eigentlich keine Befürworterin von Quoten, geht langsam die Geduld aus. Nur Quoten bringen Ergebnisse, verlautbarte sie unmissverständlich. Jegliche Selbstverpflichtung, die übrigens auch in Österreich bei staatsnahen Unternehmen beschlossen wurde, bringt keine zufriedenstellenden Resultate. Fortschritte gibt es nur dort, wo gesetzlicher Druck herrscht. Das zeigt das Beispiel Frankreich. Paris hatte 2011 gesetzliche Regeln zur Förderung von Frauen in Top-Positionen erlassen. Und siehe da: ihr Anteil in Führungsgremien stieg von zwölf auf 22 Prozent. Längst ist auch bekannt, dass das Fehlen von Frauen in Spitzenpositionen der Geschäftswelt Europas Wettbewerbsfähigkeit schadet und das Wirtschaftswachstum behindert. Deshalb haben bereits einige EU-Mitgliedstaaten – Belgien, Frankreich, Italien, die Niederlande und Spanien – Rechtsvorschriften zur Einführung von Geschlechterquoten in Führungsgremien von Unternehmen erlassen.

Öffentliche Konsultation soll Druck nochmals erhöhen

Ganz hat sich die EU-Kommissarin Reding dann doch nicht getraut, obwohl es eigentlich erwartet wurde, bereits einen Vorschlag zu präsentieren, der verpflichtende Quoten vorgesehen hätte. Dies verwundert viele, die sich mehr erwartet haben. Nun soll erst einmal eine öffentliche Konsultation dazwischen geschaltet werden. Obwohl die Fakten ohnehin bereits auf dem Tisch liegen, will die EU-Kommission nun die Bevölkerung, die SozialpartnerInnen, die Unternehmen und Verbände befragen, was sie von möglichen - auch gesetzlichen – Maßnahmen halten, mit denen auf EU-Ebene in den Führungsgremien der Unternehmen ein ausgewogeneres Geschlechterverhältnis hergestellt werden kann. Bis Ende Mai läuft die Konsultation. Hoffentlich bleibt Kommissarin Reding kämpferisch, zieht die richtigen und notwendigen Schlüsse und lässt sich nicht von ihrem Weg abbringen. Das Europäische Parlament (EP) steht jedenfalls geschlossen hinter ihr. Im Juli 2011 hatte sich das EP für eine EU-weite Frauenquote für Vorstände und Aufsichtsräte börsennotierter Unternehmen ausgesprochen, sollten freiwillige Maßnahmen nicht greifen. Mit erheblichem Widerstand wird die Kommissarin jedenfalls aus deutschen Wirtschaftskreisen zu rechnen haben. Die Forderungen der Arbeiterkammer sind bekannt: wir fordern die Einführung einer gesetzlichen Geschlechterquote von 40% bei der Besetzung von Aufsichtsratsmandaten. Sanktionen bei Nichteinhaltung sollten spürbare Strafen und eine Eintragung im Firmenbuch nach sich ziehen. Klar ist, dass die Selbstregulierung versagt hat und nur eine gesetzliche Regelung den gewünschten Erfolg bringen kann.

Weiterführende Informationen:

Presseaussendung der EU-Kommission zu Frauen in der Chefetage

Öffentliche Konsultation: Unausgewogenes Geschlechterverhältnis in Unternehmensvorständen in der EU