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Diese Woche wurde im Wirtschafts- und Währungsausschuss des Europäischen Parlaments der Berichtsentwurf der griechischen sozialdemokratischen Europaabgeordneten Anni Podimata über ein gemeinsames Finanztransaktionssteuersystem debattiert. Auch wenn sich die Verhandlungsführer der wichtigsten politischen Parteien weitgehend einig zu sein scheinen, ist noch nicht klar, ob alle Abgeordneten tatsächlich der Parteilinie folgen werden.
Zur Vorgeschichte: Das Europäische Parlament war im vergangenen Jahr eine der wesentlichen politischen Kräfte bei der Forderung nach der Einführung einer europäischen Finanztransaktionssteuer. In einem Initiativbericht hatte bereits im letzten Jahr die sozialdemokratische griechische Abgeordnete Anni Podimata erfolgreich die Forderung des Europäischen Parlaments durchgesetzt, dass die Europäische Union bei der Einführung einer längst fälligen Steuer auf Finanzspekulationen eine Vorreiterrolle einnehmen soll, anstatt darauf zu warten, dass die ganze Welt eine solche Steuer einführt. Die Abgeordneten im Europäischen Parlament folgten Podimata in dieser bahnbrechenden Forderung mit überwältigender Mehrheit und gaben damit ein deutliches Zeichen an die Europäische Kommission und an die Mitgliedstaaten. Unterstützt wurden sie dabei durch eine beispiellose Kampagne, angeführt von AK, ÖGB und weiteren europäischen Partnern aus Politik, Gewerkschaften und Zivilgesellschaft.

Das Votum des Europäischen Parlaments, der Wille der Regierungen von Mitgliedstaaten wie Österreich, Deutschland und Frankreich und die fortgesetzte Kampagne von AK, ÖGB und Co. führten schließlich dazu, dass die Kommission ihren lange anhaltenden Widerstand gegen die Finanztransaktionssteuer aufgab und einen Richtlinienvorschlag zur Einführung einer europäischen Finanztransaktionssteuer vorlegte. Die Besonderheit daran: da es sich um Steuerangelegenheiten handelt, haben die Mitgliedstaaten das alleinige Sagen, und das Parlament kann sich zum Vorschlag der Kommission nur unverbindlich äußern.

Umso wichtiger ist es der griechischen EP-Vizepräsidentin Podimata, dass das Parlament eine klare und breitest möglich getragene Position zum Kommissionsvorschlag formuliert, um die politischen Gegner einer europäischen Finanztransaktionssteuer, darunter Großbritannien, Schweden und die Niederlande unter Zugzwang zu setzen, wie Podimata zu Anfang ihrer Ausführungen zu ihrem Berichtsentwurf diese Woche im Wirtschafts- und Währungsausschuss des Europäischen Parlaments deutlich machte. Die Verhandlungsführer der wichtigsten politischen Gruppierungen, darunter die Europäische Volkspartei, die Sozialdemokraten, die Grünen und die Liberalen, seien sich in der Beurteilung der wesentlichen Punkte einig und begrüßten grosso modo den Vorschlag der Kommission. Änderungen am Kommissionsentwurf habe das Parlament dort eingeführt, wo es darum ging, den Vorschlag der Kommission wasserfest zu machen, damit es zu keinen Verlagerungen von Finanztransaktionen und zu keiner Steuerflucht komme. Die EVP-Abgeordnete Pietikäinen regte an, dass das Parlament im Berichtsentwurf auch einen Anhaltspunkt geben sollte, wie vorzugehen sei, wenn – wie zu befürchten – nicht alle 27 Mitgliedstaaten bei der Eiführung der FTS mitziehen. Ihrer Ansicht nach sollten die handlungswilligen Länder dann dennoch das Modell der Kommission umsetzen, und nicht die abgespeckte englische Version der Stempelsteuer (stamp duty). Für die Liberalen warf die Abgeordnete Sylvie Goulard die Frage auf, ob es sich lohne, die FTS einzuführen, wenn nicht alle 27 Mitgliedstaaten mitmachten. Natürlich meldeten sich auch einige Hardliner und Freunde der Finanzindustrie zu Wort, so der schwedische Liberale Olle Schmidt, der sich dazu verstieg, die FTS als eine „schlechte Steuer“ zu brandmarken. Auch die EVP-Abgeordnete aus Luxemburg Astrid Lulling betätigte sich als Wahrsagerin und meinte, die FTS werde „niemals kommen“. Vielleicht ein frommer Wunsch vor dem Hintergrund dessen, dass in Luxemburg eine Reihe von Investmentfonds ansässig sind?

Obwohl die Verhandlungsführer der politischen Fraktionen scheinbar einen breiten Kompromiss anstreben, ist nach der dieswöchigen Debatte im EP-Ausschuss fraglich, ob die einzelnen Abgeordneten bei der Abstimmung im April ihren FraktionsführerInnen folgen werden. Eine ähnliche Situation gab es bereits im vergangenen Jahr, als insbesondere die Fraktionen der Volkspartei und der Liberalen gespalten waren. Umso wichtiger ist es, dass ArbeitnehmerInnenvertreter und Zivilgesellschaft die Debatte im Parlament, aber auch unter den FinanzministerInnen der Mitgliedstaaten aktiv mitverfolgen und sich lautstark zu Wort melden. Die Verursacher der Krise- die SpekulantInnen- müssen endlich zur Kassa gebeten werden.

Berichtsentwurf der Berichterstatterin Anni Podimata zum Vorschlag der Europäischen Kommission über die Einführung eines europäischen Finanztransaktionssteuersystems