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Unternehmer- wie auch ArbeitnehmervertreterInnen äußerten diese Woche im Rahmen einer Anhörung des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses ihre Unzufriedenheit mit dem neuen Kommissionsvorschlag zu den Bodenabfertigungsdiensten wie dem Be- und Entladen oder dem Betanken der Flugzeuge. Zwar wurde der zuständige Kommissionsbeamte nicht müde, die Notwendigkeit von mehr Wettbewerb hervorzuheben, da dieser mehr Qualität und Effizienz bringen würde. Sowohl ArbeitgeberInnen- als auch ArbeitnehmerInnenverbände reagierten kritisch und sehen gerade bei der Qualität der Dienstleistungen die Gefahr eines Abdriftens nach unten.
Morgan Foulkes von Airports Council International (ACI) betonte, dass der Bodenabfertigungsmarkt bereits mit der derzeit geltenden Richtlinie fast zur Gänze geöffnet wurde. Ein Vergleich über die letzten 15 Jahre zeigt, dass sich die Marktanteile in diesem Bereich verschoben hätten, und nun eine große Zahl von unabhängigen DienstleisterInnen in der Bodenabfertigung tätig sei. Gleichzeitig hätte sich aber gezeigt, dass die Dienstleistungsqualität gelitten habe. Foulkes spricht sich auch für eine stärkere Berücksichtigung der sozialen Bedingungen für die ArbeitnehmerInnen aus.

Athar Husain Khan von der Association of European Airlines betont, dass die Fluglinien großes Interesse an Effizienz hätten. Allerdings findet er nicht, dass die neue Regulierungsmaßnahme bei der Bodenabfertigung notwendig ist. Auch das Argument der Kommission, dass 70 % der Verspätungen auf die Bodenabfertigung zurückzuführen sei, ist falsch, so Khan. Dem stimmte auch Carlos Navas von der Airport Services Association zu. Verspätungen seien nur zu 4 % auf die Bodendienste zurückzuführen.

Im Detail stellte Enrique Carmona von der Europäischen Transportarbeiter-Föderation (ETF) dar, wie gering die Ersparnisse für die Fluglinien wären, würden die Kosten für die ArbeitnehmerInnen in der Bodenabfertigung durch die Liberalisierungsbemühungen der Kommission weiter reduziert. So entfallen rund 70 % der Gesamtkosten für Bodendienste auf Arbeitnehmerentgelte. Geht man davon aus, dass rund 5 % der Flugkosten auf die Bodenabfertigung entfallen, machen die Kosten für die Entlohnung der Beschäftigten bei den Bodendiensten 3,5 % an den Gesamtflugkosten aus, so Carmona. Selbst wenn die Löhne in diesem Bereich noch einmal um 10 % reduziert würden, läge die Kostenersparnis pro Flug lediglich bei 0,35 % - ein vernachlässigbarer Betrag. Darüber hinaus stellte der Vertreter der ETF fest, dass die Arbeitsbelastung der Beschäftigten bei der Bodenabfertigung in den letzten 15 Jahren erheblich gestiegen sei – zwischen 1996 und 2011 habe sich die Anzahl der Flüge verdoppelt, die Anzahl der ArbeitnehmerInnen habe sich hingegen nur um 40 % erhöht. Wichtigstes Ziel sei es, den sozialen Schutz und die Ausbildung der Beschäftigten zu verbessern.

Das deutsche EWSA-Mitglied Ingo Kronsfoth warnte, dass Qualität und Sicherheit mit dem vorliegenden Kommissionsvorschlag weiter zurückgehen könnten. Kronsfoth forderte eine grundlegende Ausbildung des Personals anstatt zweitägiger Einschulungen. Unternehmen, die mit Dumpinglöhnen bei Ausschreibungen antreten, sollten nicht zum Zug kommen, forderte der EWSA-Mandatar. Hinterlistig sei die Forderung der Kommission, dass bei einem Übergang der Belegschaft auf einen anderen Dienstleister die Tarifverträge einzuhalten wären. Das alleine sei zwar gut, aber oft gäbe es gar keine Tarifverträge. In diesem Fall müsste der neue Bodenabfertigungsdienstleister auch nichts einhalten, so Kronsforth.

Unter den wenigen BefürworterInnen des neuen Kommissionsvorschlags befand sich die Lufthansa, deren Vertreterin lapidar meinte, die Sicherheit sei gewährleistet und zusätzliche AnbieterInnen würden die Qualität verbessern. Marian Krzaklewski, EWSA-Mandatar und Mitglied der Solidarność in Polen, versetzte mit seinem Kommentar den DienstnehmerInnen in der Bodenabfertigung einen Schlag ins Gesicht: Er erzählte von einem Bekannten, der ihm berichtet hätte, er hätte das Gefühl, zu gering entlohnt zu werden. Darauf könne er allerdings nur sagen, wer mit dem Lohn nicht zufrieden ist, sollte sich einfach einen anderen Job suchen.

Aufgrund der kritischen Haltung, sowohl aus dem ArbeitnehmerInnen- als auch aus dem ArbeitgeberInnenbereich ist zu hoffen, dass der Kommissionsvorschlag noch deutlich verändert wird. Vor wenigen Wochen erst äußerten auch die EU-Abgeordneten fast aller Fraktionen ihr Unverständnis über den Kommissionstext. Der Vorentwurf einer Stellungnahme des EWSA zum Flughafenpaket liegt bereits vor, das Europäische Parlament wird nach einer ersten Aussprache Ende Jänner ihre Gespräche in den nächsten Wochen fortsetzen.

EWSA-Stellungnahme zum EU-Flughafenpaket - Vorentwurf (nur in Englisch)