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Viele Kommunen in der Europäischen Union vergeben Dienstleistungen von öffentlichem Interesse wie die Erhaltung der Straßeninfrastruktur, Gesundheitsdienste oder die Müllabfuhr an Dritte. Welche Regeln für die so genannten Dienstleistungskonzessionen gelten sollen, hat die Kommission nun im Europäischen Parlament präzisiert. Mehrere EU-Abgeordnete äußerten in einer ersten Reaktion allerdings ihre Besorgnis, dass der Vorschlag nun so komplex sei, dass viele – insbesondere kleinere - Gemeinden bei der Ausschreibung dieser Dienste überfordert seien. Zudem sei mit dem Kommissionsvorschlag nun völlig unklar, ob soziale Dienstleistungen nun auch in den Anwendungsbereich fallen, so der kritische Kommentar von EU-MandatarInnen.
Wie Joanna Szychowska, Abteilungsleiterin bei der Europäischen Kommission, Generaldirektion Binnenmarkt, zu Beginn feststellte, sei das Ziel des Vorschlags, die Vergabe zu vereinfachen und mehr Rechtssicherheit zu schaffen. Keineswegs ginge es der Kommission um eine Privatisierung öffentlicher Dienstleistungen oder eine Verpflichtung der öffentlichen Hand, Konzessionen auszuschreiben, versuchte die Beamtin in ihren Ausführungen die Mitglieder des Europäischen Parlaments zu beruhigen.

Vom Kommissionsvorschlag mäßig bis wenig begeistert zeigten sich die EU-Abgeordneten quer durch alle Fraktionen. Der verantwortliche Berichterstatter, Philippe Juvin von der Europäischen Volkspartei, steht einer neuen Konzessionsrichtlinie zwar grundsätzlich positiv gegenüber: Die effiziente Nutzung öffentlicher Gelder sei zu begrüßen, Public-Private-Partnerships seien gerade in Zeiten angespannter öffentlicher Haushalte ein Lösungsweg. Auch eine Verbesserung der Rechtssicherheit sei durchaus wünschenswert. Allerdings findet Juvin den Text sehr kompliziert, die Vorschriften müssten erheblich vereinfacht werden. Obwohl sich der Berichterstatter aufgrund der Komplexität für ausreichend Zeit ausspricht, möchte er mit einem straffen Zeitplan eine rasche Einigung erzielen.

Der zuständige Fraktionssprecher der Sozialisten & Demokraten, Pier Antonio Panzeri, kritisierte das Fehlen sozialer und qualitativer Vergabekriterien. Darüber hinaus seien für die Kommunen und Gemeinden ausreichend große Ermessensspielräume vorzusehen. Mit dem neuen Vorschlag sollen die Dienstleistungen verbessert und nicht verschlechtert werden, so Panzeri kritisch zum Kommissionstext. Seine Fraktionskolleginnen Weiler und Gebhart ergänzten, dass nun nicht klar sei, ob soziale Dienstleistungen nun auch von der Konzessionsrichtlinie erfasst sein sollen. Der Schwellenwert für diese Dienste sei mit 5 Millionen € darüber hinaus deutlich zu niedrig angesetzt. Leider seien auch keine Lehren aus den Urteilen des Europäischen Gerichtshofes gezogen worden. Der Text sei nun unglaublich kompliziert geworden und schaffe dadurch sicher keine Rechtssicherheit, so Gebhart.

Die Grüne EU-Abgeordnete Rühle kann den Grund für einen neuen Vorschlag zur Konzessionsrichtlinie nicht nachvollziehen. Ein möglicher Grund wäre Marktversagen oder eine Wettbewerbsverzerrung. Genau das sieht Rühle aber nicht. Ähnlich äußerten sich auch der Europäische Linke de Jong und Andreas Schwab von der Europäischen Volkspartei. Laut Schwab sollte eine Folgenabschätzung Argumente für eine Überarbeitung der Richtlinie liefern. Das tue er jedoch nicht, die Grundlage für den neuen Text sei damit unzureichend.

Nach den kritischen Äußerungen der EU-MandatarInnen äußerte sich die EU-Beamtin entsprechend defensiv: Die Texte wurden so verständlich wie möglich gehalten, das Thema sei aber sehr komplex. Soziale Dienstleistungen seien von der Richtlinie nicht betroffen, so Szychowska. Den Schwellenwert von 5 Millionen € sieht sie aber richtig bemessen.

Angesichts der Skepsis vieler EU-Abgeordneter ist für Spannung gesorgt, ob sich die Kommission mit ihrem Vorschlag behaupten kann. Eine Anhörung zu den Dienstleistungskonzessionen ist im März 2012 geplant. Laut jetziger Zeitplanung soll im Oktober im Ausschuss über den Parlamentsbericht abgestimmt werden, das Votum im Plenum ist für Dezember 2012 geplant.