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Mitten in der schweren EU-Finanz- und Wirtschaftskrise schockt EU-Haushaltskommissar Lewandowski mit einer neuen Nachricht, diesmal beim EU-Budget: Durch die selbst auferlegten Sparpakete suchen die Mitgliedstaaten händeringend nach Geldmitteln, mit denen die Wirtschaft wieder angekurbelt werden kann. Das Problem dabei: Bereits heute stehen über den laufenden EU-Finanzrahmen zwar theoretisch hohe Milliarden-Beträge für Investitionen wie dem Struktur- oder dem Sozialbereich zur Verfügung. Die EU-Länder haben jedoch schon beim EU-Budget für 2011 mit der Mittelausstattung gegeizt, und nun fehlt für die Projekte, die eigentlich der EU-Konjunktur helfen sollten, das Geld – und zwar in einem ganz erheblichen Umfang…
Die Diskussion in Brüssel erinnert derzeit sehr an das Sprichwort von der Katze, die sich in den Schwanz beißt: Die EU-Länder sparen bei den nationalen Haushalten, teilweise in noch nicht gekannten Dimensionen, wollen aber gleichzeitig Maßnahmen setzen, um die Wirtschaft anzukurbeln. Ein Widerspruch, wie sich immer deutlicher herauskristallisiert. Denn die Sparbemühungen führen dazu, dass die meisten EU-Länder kein Geld mehr für Investitionen zur Verfügung haben. Die Folge: Die EU driftet immer tiefer in die Rezession, die Sparbemühungen stellen sich als erfolglos heraus, da infolge der Schuldenbremse Steuereinnahmen wegbrechen, während auf der Ausgabenseite – welch Überraschung – die Kosten für die in vielen Ländern stark steigende Arbeitslosigkeit explodieren.

Mitgliedsstaaten warten auf 11 Mrd. € an EU-Geldern


Beim laufenden EU-Finanzrahmen wirkt sich die Schuldenbremse negativ aus, wie sich jetzt zeigt: Zwar gibt es ein bereits im Jahr 2006 fixiertes EU-Budgetvolumen für die Jahre 2007 bis 2013 beispielsweise für Vorhaben im Struktur- und Sozialpolitikbereich. Nun haben jedoch die Mitgliedsländer für das Budgetjahr 2011 zu wenige Zahlungen für den EU-Haushalt vorgesehen, wie EU-Budgetkommissar Lewandowski kürzlich bei einer Anhörung mit EU-Abgeordneten berichtete: So meldeten die EU-Länder im Dezember Zahlungsaufforderungen bei der EU-Kommission in einem Umfang von 15 Mrd. € an, es standen im EU-Haushalt jedoch nur mehr 4 Mrd. € an Geldern zur Verfügung. Die Kommission musste daher 11 Mrd. € an Zahlungen in das Budget 2012 mitnehmen.

Länder rufen EU-Strukturfondsgelder nicht ab – auch Österreich betroffen


Auf der anderen Seite warnte EU-Kommissionspräsident Barroso aber auch, dass nicht mehr viel Zeit bleibt, die den EU-Ländern zustehenden Gelder für Investitionsprojekte abzurufen. Österreich, Bulgarien, Frankreich, Rumänien und Spanien hätten 30 % und mehr ihrer Strukturfondsgelder noch offen.

EU-Finanzrahmen ab 2014: Schwierige Verhandlungen stehen bevor

Das alles sind schlechte Vorzeichen für die Verhandlungen zum EU-Finanzrahmen 2014-2020, der eigentlich mithelfen sollte, die Krise zu überwinden und Investitionen in Großvorhaben zu unterstützen. Derzeit laufen bereits die Verhandlungen zum EU-Haushalt ab 2014 im Europäischen Parlament und im Rat. Während der konservative britische Premierminister Cameron bereits zu Beginn äußerte, dass er sich ein EU-Budget mit einem Volumen von mehr als 0,8 % des Bruttoinlandsprodukts nicht vorstellen kann, unterstützt das Europäische Parlament die Forderung der Kommission für einen Finanzrahmen mit einem Umfang von 1,00 %.

Angesichts derart großer Divergenzen in den Vorstellungen zum EU-Finanzrahmen und der derzeitigen Politik beim laufenden Budgetrahmen ist es schon heute sehr fraglich, ob eine Einigung zum Budgetvolumen bis Ende dieses Jahres erreicht werden kann. Sollten sich die Regierungschefs nicht einigen können, wäre das ein schwerer Schlag für die Europäische Union: Der Finanz-, Wirtschafts-, Sozial- und Staatsschuldenkrise würde sich dann endgültig auch eine politische Krise auf EU-Ebene anschließen.