Nachrichten

Zurück
Ganze zwei Jahre nach der Pittsburgh-Erklärung der G-20 Staaten, die Finanzmärkte vollständig zu regulieren und dem Schattenbankwesen den Garaus zu machen, legte die Europäische Kommission am 20. Oktober 2011 mit Verspätung neue Vorschläge zur Finanzmarkrichtlinie, der Markets in Financial Instruments Directive, vor. Jetzt beginnt der Kampf im Europäischen Parlament und Rat um die Substanz der MiFID. Es bleibt abzuwarten, ob dabei im Sinne des Anlegerschutzes was übrigbleibt. Am Montag hat das Europäische Parlament eine öffentliche Anhörung veranstaltet, um Anspruchsgruppen und Experten über die Stärken und Schwächen der Finanzmarktrichtlinie diskutieren zu lassen. Die Meinungen für und wider eine stärkere Regulierung der Finanzmärkte gingen weit auseinander, allerdings wurde der Regulierungsbedarf von keiner Seite grundsätzlich verneint. Nach der Anhörung wurde zumindest deutlich, dass der Berichterstatter der Europäischen Volkspartei zur neuen Finanzmarkrichtlinie (MiFID/MiFIR 2), Markus Ferber (EVP), einem Vorabverbot von unlauteren und schädlichen Finanzmarktprodukten positiv gegenübersteht. Naturgemäß sah das die Vertreterin der finnischen Finanzindustrie, Frau Piia-Noora Kauppi, ganz anders. Sie beteuerte, dass Vorabprüfungen von Finanzprodukten ohnehin streng genug seien. Hat die MiFID die richtigen Institutionen, Dienstleistungen/Aktivitäten, Handelsplätze und Instrumente abgedeckt?
Karel Lannoo, CEO des Centre for European Policy Studies, stand der bisherigen MiFID recht positiv gegenüber. Er sagte, sie habe zu mehr Wettbewerb geführt und grundsätzlich alle Finanzdienstleistungen abgedeckt. Dass aber der außerbörsliche Handel (auch over the counter-Geschäfte genannt) stärker reguliert werden müsse, stritt nicht einmal er ab. Thierry Philipponnat, Generalsekretär von Finance Watch, hingegen kritisierte die Finanzmarktrichtlinie recht heftig und sagte, dass der durch sie geförderte hochtechnologisierte Hochfrequenzhandel insgesamt zu mehr Marktmissbrauch geführt hat und der Anlegerschutz nicht verbessert wurde. Er räumte aber ein, dass der Hochfrequenzhandel sowohl positive als auch negative Aspekte zutage fördere, wie einerseits die Schaffung von Liquidität und anderseits das Entstehen bloßer Handelsvolumina und Herdenverhalten. Die beiden Experten waren sich aber einig darüber, dass die neue Kategorie der „organisierten Handelsplattformen“ (OTFs) entbehrlich sei, wenn es darum geht, den außerbörslichen Handel zurückzudrängen. Da genügten ihrer Ansicht nach die schon vorhandenen multilateralen Handelsplätze.

Wie effektiv schützen die neuen Vorschläge (MiFID/MiFIR 2) Kleinanleger im Lichte der Marktentwicklungen?

Verena Ross von der europäischen Wertpapieraufsichtsbehörde (ESMA) betonte, dass der Anlegerschutz durch die neuen Vorschläge noch ausgebaut werden müsse. Allerdings seien die Eingriffsrechte der ESMA und der nationalen Aufsichten in die Finanzmärkte gestärkt worden. Mitunter könne der Handel auch ausgesetzt werden. Sie sagte, dass es bei der MiFID auch um bessere Beratung der VerbraucherInnen geht. Letztere müssten wissen, wer sie berät und bei Dienstleistungen Dritter sollten Interessenkonflikte verhindert werden. Außerdem müsse das Best Execution Framework vorangetrieben werden, damit die Datentransparenz auf den verschiedenen Handelsplätzen gesichert sei. Die künftige Abdeckung strukturierter Produkte durch die überarbeitete MiFID sei im Sinne des Anlegerschutzes ein Erfolg. Auch der Zugang von Handelsteilnehmern aus Drittländern wird einheitlichen Regeln unterstellt.

Jean-Pierre Jouyet, der Vorsitzende der französischen Finanzmarktaufsicht, stand den neuen Vorschlägen zur Finanzmarktrichtlinie sehr kritisch gegenüber. Es müsse noch deutlicher hervorgehen, dass alle Marktsegmente einschließlich hochkomplexer Finanzprodukte reguliert werden. Schließlich habe die ursprüngliche MiFID zu weniger Transparenz und mehr Spekulation geführt. Er betonte zudem, dass der Hochfrequenzhandel unter Umständen ausgesetzt werden müsse, wenn irrationales Herdenverhalten jegliche Vernunft auf den Finanzmärkten als Makulatur erscheinen lässt. Er plädierte zudem für die Schaffung eines von der ESMA verwalteten Zentralregisters der HandelsteilnehmerInnen, das im Sinne des Anlegerschutzes öffentlich sein müsse.
Nun beginnt die politische Auseinandersetzung um die Finanzmarktrichtlinie im Europäischen Parlament und zwischen den Mitgliedstaaten und dem Europäischen Parlament.

Links:

http://ec.europa.eu/internal_market/securities/isd/mifid_de.htm