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Bei einer hochrangigen Kommissions-Konferenz zum mehrjährigen Finanzrahmen 2014-2020 nahmen Kommissionspräsident Barroso, EU-Parlamentspräsident Buzek und der Premier Polens Donald Tusk zur Zukunft des EU-Budgets und der neuerlichen Wirtschaftskrise Stellung. Kommissionspräsident Barroso sparte nicht mit dramatischen Worten: Die EU befinde sich in einer Systemkrise, das Treffen der G20 und das EU-Gipfeltreffen zum Rettungsschirm würde wichtige Weichenstellungen bringen. Die Banken müssten (wieder einmal) gestärkt werden. Das EU-Budget könne mithelfen, die Krise zu überwinden, so Barroso.Kommissionspräsident Barroso will sparsamen Mitteleinsatz mit optimalem Output


Nur mit Wirtschafts- und Beschäftigungswachstum sei die Krise lösbar, unterstrich der Kommissionspräsident. Dies müsse im Zentrum der Überlegungen stehen. Jedoch sei der fiskale Druck in den Mitgliedsländern groß und man müsse mit sparsamen Einsatz der Ressourcen den optimalen Output erreichen. Die Kluft bei der Wettbewerbsfähigkeit sei größer geworden, sprach Barroso wieder einmal eines der Lieblingsthemen der Kommission an. Der Finanzsektor sei vom Steuerzahler unterstützt worden, nun sei es an der Zeit auch etwas zurückzugeben. Daher schlage die Kommission eine Finanztransaktionssteuer vor. In Zeiten der Krise sei es wichtig dem Populismus und Nationalismus entgegenzutreten. Die Bevölkerung müsse informiert werden, dass die EU-Gelder nicht nach Brüssel, sondern in Beschäftigung, Forschung und Bildung fließen, so Barroso abschließend.

Parlamentspräsident Buzek fordert mehr Optimismus für die Zukunft der Europäischen Union


Der Präsident des Europäischen Parlaments (EP) Jerzy Buzek unterstrich gleich zu Beginn, dass die Kompetenzen des EPs zum EU-Finanzrahmen mit dem Vertrag von Lissabon erweitert wurden. Erstmals habe das Europäische Parlament im Rahmen eines Initiativberichts ihre Vorstellungen zum nächsten Finanzrahmen bereits vor dem Kommissionsvorschlag veröffentlicht. Ebenso wie Barroso führte Buzek aus, dass die Sicherstellung der Wettbewerbsfähigkeit zu schnellem Wachstum führe. Investitionen in Forschung, Landwirtschaft und die ländliche Entwicklung würden Arbeitsplätze schaffen, ist Buzek überzeugt. Man müsse optimistisch in die Zukunft sehen, die Krise werde nicht ewig dauern und man dürfe keinen pessimistischen Tunnelblick entwickeln, unterstrich der Europäische Parlamentspräsident am Ende seiner Rede.

Polnischer Staatschef Tusk sieht EU-Fonds als bestes Mittel gegen die Krise


Der polnische Staatschef Tusk kritisierte Stimmen, die ein kleineres EU-Budget fordern. Ein geringerer Haushalt würde die positiven Effekte auf EU-Ebene deutlich schwächen. Man dürfe nicht zuerst Ausgabenobergrenzen festlegen und dann erst über die Verwendung der Gelder reden. Gerade die EU-Fonds wären der beste Schutz gegen die Krise. Für Tusk sind die Bereiche Kohäsions- und Strukturpolitik, die Landwirtschaft und die Nachbarschaftspolitik am bedeutendsten. Wie seine beiden Vorredner hob er hervor, dass Wettbewerbsfähigkeit und Solidarität die wesentlichsten Faktoren für den Erfolg seien.

Kommissar Lewandowski will mit gleich viel oder weniger Mitteleinsatz mehr für die EU erreichen

EU-Haushaltskommissar Lewandowski merkte an, dass die Diskussion über den EU-Haushalt in den Hintergrund getreten sei, weil die Unsicherheit wegen der Finanzkrise sehr groß sei. In dieser Situation müsse man versuchen, mit gleich viel, eventuell sogar weniger Mitteln mehr für die Europäische Union zu erreichen. Die größten Ausgabenblöcke seien weiterhin die Landwirtschaft und die Kohäsionspolitik. Einige Ausgaben wurden eingefroren, andere jedoch maßgeblich erhöht. Hier führte Lewandowski die Erhöhung der Infrastrukturausgaben um mehr als das 6fache an, bei der Bildung habe man eine 68 %ige Steigerung geplant, für die Außenbeziehungen sei ein Plus von ca. 20 % budgetiert. Statt den Rabatten auf Mitgliedsbeiträge soll es für einige Länder Pauschalbeträge geben (Österreich fällt aber nicht darunter). Schließlich hob Lewandowski hervor, dass eine Kultur der Solidarität gelebt werden sollte.

EU-Abgeordnete Haug fordert Streichung sämtlicher Mitgliederrabatte

Die Vorsitzende des Sonderausschusses zum EU-Finanzrahmen ab 2014 im Europäischen Parlament, Jutta Haug, betonte, dass das Europäische Parlament erstmals bereits vor der Europäischen Kommission ihre Vorschläge auf den Tisch gelegt hätte. Darin enthalten sei ein Bekenntnis zu Europa 2020 (die Ziele darin sind unter anderem der Kampf gegen Armut, Steigerung der Beschäftigung, Bildungs- und Forschungsmaßnahmen). Es solle intelligentes, nachhaltiges Wachstum durch finanzielle Anreize gemeinsam mit den nationalen Haushalten gefördert werden. Sämtliche Rabatte an Mitgliedstaaten müssen laut Haug endlich gestrichen werden. Die völlig veraltete Nettozahler und –empfänger-Diskussion soll der Vergangenheit angehören, ein neues Eigenmittelsystem eingeführt werden.

Harter Kampf um EU-Budget zu erwarten

Bis Ende nächsten Jahres müssen die Verhandlungen zum EU-Budget abgeschlossen sein, um den neuen Finanzrahmen ab 2014 plangemäß in Kraft setzen zu können. Heftige Diskussionen sind aus mehreren Gründen zu erwarten: Die Nettozahlerländer haben bereits ein Schreiben an die Kommission verfasst, in dem festgehalten wird, dass das EU-Budgetvolumen kleiner ausfallen müsse als von der Kommission vorgeschlagen. Gleichzeitig wollen die neuen Mitgliedstaaten, dass Ungleichheiten bei den pro-Kopf-Förderungen in den verschiedenen Politikbereichen wie der Landwirtschafts- und der Kohäsionspolitik der Vergangenheit angehören. Auf der Einnahmenseite wiederum gibt es zwar viele Befürworterstaaten einer Finanztransaktionssteuer, jedoch mit beispielsweise Großbritannien und Schweden auch deklarierte Gegner dieses Vorschlags. Eines steht allerdings fest: Im Gegensatz zum Konzept der Wettbewerbsfähigkeit, dass nun bereits seit einem Jahrzehnt gebetsmühlenartig wiederholt wird und nie Erfolge verzeichnen konnte, sondern im Gegenteil dem Lohn- und Sozialdumping Tür und Tor geöffnet hat, wäre eine Finanztransaktionssteuer ein deutliches Signal für mehr (Verteilungs-) Gerechtigkeit und eine bei weitem sinnvollere Maßnahme zur Schaffung eines fairen und zukunftsorientierten EU-Haushalts.