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Ursachen und Lösungen für die steigenden und immer stärker schwankenden Preise für Rohstoffe und Nahrungsmittel waren zentrales Thema bei der Konferenz „Rohstoffe: Herausforderungen und Antworten der Politik“, die die Kommission am Dienstag veranstaltet hat.
Steigende Nachfrage und Spekulation
Der Rohölpreis stieg in den 2000er Jahren von 20$ auf 140$ und fiel 2008 in einem halben Jahr auf 40$ pro Barrel. „Ja, es gab weniger Nachfrage und mehr Angebot, aber dies kann nicht in sechs Monaten passieren. Ihr könnt mir nicht erzählen, dass dies ein perfekt funktionierender Markt ist“ entgegnete der französische Staatspräsident Nikolas Sarkozy einigen DiskutantInnen der Konferenz wie David Peniket. Der Präsident von ICE Futures Europe (Terminbörse für Optionen und Futures auf Erdöl, Erdgas und elektrische Energie) sagte, die Preisentwicklung und steigende Volatilität der Preise sei kein Resultat von Spekulation, sondern der Entwicklung von Nachfrage und Angebot. „Die Future und OTC-Derivat Märkte spielen eine wichtige Rolle bei der Identifikation der Preise“
In den letzten Jahren schwanken nicht nur der Ölpreis, sondern auch Nahrungsmittelpreise immer stärker. Der Preis pro Tonne Weizen stieg 2008 auf 450$ (von zuvor 200$), fiel dann auf unter 200$ zurück und begann 2010 wieder stark zu steigen. Auch andere Getreidepreise haben 2011 ihren Höchststand von 2008 bereits wieder überschritten, mit katastrophalen Auswirkungen auf die Bevölkerung in vielen Ländern.
Was sind die Gründe für die hohe Volatilität und das Steigen der Rohstoffpreise? Die Studie zur Preisbildung in finanzialisierten Rohstoffmärkten der UNCTAD im Auftrag der AK findet mehrere Ursachen. Erstens ist die Nachfrage stärker als das Angebot gestiegen. Zweitens führt die stärkere Bedeutung des Finanzsektors in Rohstoff- und Rohstoffderivatmärkten dazu, dass die Preisevolatilität steigt und Preise nicht mehr die realen Entwicklungen widerspiegeln.

Finanzialisierung der Rohstoffmärkte und Preisblasen

Gründe für die hohe Volatilität sind einerseits die niedrige Transparenz der Finanzmärkte, aber auch die niedrige Transparenz von Nachfrage und Angebot. Andererseits tragen die Finanzialisierung der Märkte, also die systematische Ausdehnung des Finanzsektors, und Herdeneffekte der MarkteilnehmerInnen zur hohen Volatilität bei, so Ke Tang von der Renmin Universität in China. „Gesamt gibt es an der Chicago Mercantile Exchange 46 mal so viele Derivate, wie die weltweite Produktion an Weizen und 24-mal die Produktion von Mais. Wie kann das gerechtfertigt werden?“, fragt Nikolas Sarkozy. MarkteilnehmerInnen treffen ihre Entscheidungen auch aufgrund von Faktoren, die nichts mit dem jeweiligen Rohstoff zu tun haben, wie zum Beispiel Portfolioüberlegungen oder Trends auf den Finanzmärkten, stellt die Studie der UNCTAD fest. Es herrscht große Unsicherheit am Markt und viele Entscheidungen werden aufgrund des Verhaltens anderer MarkteilnehmerInnen getroffen (beabsichtigtes Herdenverhalten). Schätzungen haben ergeben, dass für 20 Prozent des Ölpreises derzeit Spekulation verantwortlich ist. Außerdem hat die Korrelation zwischen Devisenmärkten und Rohstoffmärkten zugenommen. Andere Finanzmärkte gewinnen Einfluss auf die Rohstoffmärkte. „Nach 2003 haben mehr und mehr institutionelle InvestorInnen Rohstoffmärkte als neue Investitionsmärkte identifiziert. Haie von anderen Märkten übernehmen und bringen extreme Volatilität,“ so Ke Tang. Durch die steigende Finanzkraft diverser Fonds, können diese ein Steigen und Fallen der Preise auslösen.


Was tun?
Die Einführung von Maßnahmen, die der steigenden Spekulation und Preisvolatilität entgegenwirken, ist dringend notwendig. Mitchell Hooke, CEO des Minerals Council of Australia gab zu bedenken: „Ich stimme den Kommentaren von Mario Draghi [Chef der italienischen Zentralbank] zu. Die Risiken sind jetzt dieselben ansteckenden Risiken, wie vor der Krise.“
Daten zu Produktion, Lagerbeständen und Nachfrage würden zur Transparenz der Märkte beitragen und die Unsicherheit verringern. Außerdem braucht es mehr Transparenz auf den Börsen und bei außerbörslichen Geschäften: Wer sind die MarkteilnehmerInnen, welche Positionen halten sie? Eine strengere Regulierung, was gehandelt werden darf und wer an den Märkten teilnehmen darf, ist ebenfalls zentral für ein besseres Funktionieren der Märkte. Genauso wie quantitative Beschränkungen der Positionen (Positionslimits). Neben diesen Regulierungen, sollte es Stabilisierungsmaßnahmen für die Rohstoffpreise geben, folgert die Studie der UNCTAD, wie die Schaffung eines Reservemechanismus, oder direkte Intervention der Regierungen auf den Märkten. Außerdem würde die Einführung einer Transaktionssteuer das Volumen der Finanzmärkte verringern.


Weiterführende Informationen:

Studie der UNCTAD: Price Formation in Financialized Commodity Markets: The Role of Information: