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Die Kommission plant einen Legislativvorschlag, der allen BewohnerInnen in der EU das Recht auf ein Basiskonto garantieren soll. Derzeit haben laut Information der Europäischen Kommission rund 30 Millionen Personen keinen Zugang zu einem eigenen Konto. Mit schwerwiegenden Konsequenzen für die Betroffenen, die zum Beispiel Probleme am Arbeitsmarkt haben, wenn sie kein Konto vorweisen können, auf das ihr Lohn überwiesen werden kann. Ebenso müssen die Leidtragenden auf Barzahlung zurückgreifen, anstatt moderne Zahlungsmittel verwenden zu können. Diese Woche hat das Europäische Parlament die Problematik von Menschen ohne Konten in einem Workshop diskutiert.
Der vom zuständigen Berichterstatter EU-Abg. Jürgen Klute von den deutschen Linken organisierte Workshop hatte das Ziel, einen Überblick über die durch den Ausschluss von Kontendienstleistungen hervorgerufenen Probleme und über mögliche Lösungen auf europäischer Ebene zu geben. Zu Beginn informierten eine Reihe von ExpertInnen die Abgeordneten über die durch den mangelnden Zugang zu einem eigenen Konto verursachten Probleme für die Betroffenen. Negative Auswirkungen sind demnach unter anderem

•Rechnungen müssen bar eingezahlt werden und bedeuten für die Betroffenen zusätzliche Kosten in Form von Erlagscheingebühren.
•Moderne Zahlungsmöglichkeiten könnten nicht beziehungsweise nur eingeschränkt genutzt werden, zum Beispiel die Bezahlung bei der Supermarktkasse mit Bankomatkarte.
•Wenn die betroffenen Personen kurzfristig Geld benötigen, kann es durch den Mangel eines Kontos und eines Überziehungsrahmens dazu führen, dass sich die Leute an den „grauen Markt“ wenden, also GeldverleiherInnen, die hohe Zinsen und Gebühren verlangen.
•Es wird schwieriger einen Job zu finden, wenn man kein Konto vorweisen kann.

Aus rechtlicher Sicht seien jedoch noch einige Fragen zu klären, stellte der Mainzer Universitätsprofessor Peter Mülbert dar. Man müsse vermeiden, dass das Anrecht auf ein Basiskonto für betrügerische Zwecke missbraucht wird. Beispielsweise müsse man eine zentrale Meldestelle für alle Konten schaffen, um zu gewährleisten, dass es nur ein Basiskonto pro Person gebe. Dieses Konto müsse auf Guthabenbasis bestehen, jedoch muss eine Lösung gefunden werden, dass Kunden ihr Basiskonto durch Offline-Zahlungen nicht überziehen. Natürlich sei auch noch zu diskutieren, was passiert, wenn die Karte gestohlen wird – wer zahlt dann den Schaden? Auch die Frage der Kontenpfändung müsse diskutiert werden. Der Inhaber des Kontos müsse natürlich genügend Mittel zur Lebensführung zur Verfügung haben.

Im zweiten Teil der Veranstaltung wurden Forderungen an das Basiskonto formuliert:

•Es müsse sich um ein einfaches und standardisiertes Produkt handeln
•Bankabhebungen, Überweisungen müssen möglich sein, ebenso die Einrichtung von Lastschriften- und Daueraufträgen
•Ein kleiner Überziehungsrahmen sollte gegeben werden
•Das Preis-/Leistungsverhältnis müsse fair sein
•Wichtige Produkte wie beispielsweise Altersvorsorge sollten zugänglich sein
•Alle Banken sollten verpflichtet werden, Basiskonten anzubieten

Manfred Westphal von dem Verbraucherzentrale-Bundesverband aus Berlin sagte, es gebe alleine in Deutschland zwischen drei- und fünfhunderttausend Menschen ohne Girokonto. Olivier Jérusalmy vom Financial Inclusion Network stellte fest, dass eine Selbstverpflichtung der Banken zur Gewährung eines Basiskontos nicht ausreicht. Einige Länder sehen das Recht auf ein Konto jedoch schon verpflichtend vor, wie Belgien, Frankreich, Schweden, Dänemark und Finnland. 14 Mitgliedstaaten hätten jedoch kein Rahmenwerk dazu.

Die Kommission informierte, dass aus ihrer Sicht jeder ein Recht auf ein Konto haben sollte, dies sei bei 7 % der erwachsenen Bevölkerung jedoch nicht gegeben. Der Vorschlag solle einen Rahmen geben, die Ausformulierung soll jedoch bei den Mitgliedstaaten liegen. Die Überziehungsmöglichkeit sei für die Kommission jedoch eine rote Linie, die sie nicht überschreiten will. Technische Details zum Basiskonto müsse man sich noch genauer ansehen. Bis Ende Mai/Anfang Juni wird die Europäische Kommission einen Legislativvorschlag zu diesem Thema veröffentlichen.