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Diese Woche trafen sich die Finanz- und Wirtschaftsminister der EU in Brüssel zu einem regulären Treffen in angespannten wirtschaftlichen Zeiten. Auf der offiziellen Tagesordnung standen unter anderem die Folgearbeiten zum Treffen der Staats- und Regierungschefs im Oktober und zur Zusammenkunft der G20 in Seoul in der vergangenen Woche. Tatsächlich wurde das Treffen von den Turbulenzen rund um Irland, Portugal und Griechenland dominiert.
Seit dem Treffen der Staats- und Regierungschefs der Europäischen Union Ende Oktober in Brüssel kommen die Wirtschafts- und Finanzpolitiker der EU nicht zur Ruhe. Auf Drängen Deutschlands und mit Unterstützung Frankreichs wurde beschlossen, dass der EUR 750 Milliarden große Rettungsschirm für EU-Länder in Zahlungsschwierigkeiten, der derzeit bis 2013 befristet ist, nur dann verlängert wird, wenn es zu Änderungen am Vertrag von Lissabon kommt. Hauptforderung der Deutschen: In Zukunft soll es eine Art von „Insolvenzordnung“ auch für Länder der Euro-Zone geben. Konkrete Folge: Gläubiger von Euro-Ländern, die ihren Zahlungsverpflichtungen nicht mehr nachkommen können, sollen einen „Haarschnitt“ (englisch hair cut) verpasst bekommen, also auf eine Teil ihrer Forderungen verzichten müssen.

Die Ankündigung dieses Vorhabens führte sofort zu einem Anstieg der Zinsen für Staatsanleihen der potentiell betroffenen Euro-Sorgenkinder, insbesondere Irland und Portugal, und zu einer neuen Runde der Angst vor einem Schwächeanfall der gesamten Euro-Zone. Dementsprechend groß ist auch der Widerstand dieser Länder, aber auch Spaniens, gegen eine Beteiligung privater Gläubiger (Banken und andere Finanzinvestoren) an den Kosten von Krisen der öffentlichen Haushalte. Gleichzeitig versuchte Irland, das unter massiven Druck „der Finanzmärkte“ geraten ist, bis zuletzt die Inanspruchnahme von Mitteln aus dem Euro-Rettungsschirm zu verhindern, mit negativen Auswirkungen auf den gesamten Eurobereich. Informierte Kreise berichten, dass die Iren befürchten, dass die EU und der Internationale Währungsfonds von ihnen fordern könnten, den lächerlich geringen Steuersatz für Unternehmen in Höhe von 12,5 Prozent, der maßgeblich dazu beigetragen hat, dass Unternehmen auf die grüne Insel gelockt wurden, anzuheben.

Weitere Punkte auf der Tagesordnung der Finanzminister: Die Arbeiten der Gruppe unter Herman Van Rompuy zur Zukunft der Economic Governance (Stabilitäts- und Wachstumspakt) sollen bis zum Sommer 2011 abgeschlossen werden. Und auch zu Bankenabgaben und zur Finanztransaktionssteuer diskutierten die FinanzpolitikerInnen. Sie zeigten sich besorgt, dass die in einigen Mitgliedstaaten eingeführten Bankenabgaben zu Wettbewerbsverzerrungen im Binnenmarkt führen könnten. Bis Dezember sollen ExpertInnen dazu einen Bericht vorlegen. Auch die Besteuerung des Finanzsektors in Form einer Finanztransaktionssteuer oder einer abgemagerten Variante davon, der Finanzaktivitätssteuer, soll weiter untersucht werden, allerdings hier ohne Zeithorizont.

Interessant in diesem Zusammenhang war auch ein weiterer Punkt auf der Tagesordnung des ECOFIN, nämlich Ausnahmeregelungen von der Mehrwertsteuer für Finanzdienstleistungen. Bekanntlich zählen Finanzprodukte aufgrund von EU-Ausnahmeregelungen zu den wenigen Produkten, die nicht der Mehrwertsteuerpflicht unterliegen, obwohl sie mittlerweile ein Billionen-Volumen erreicht haben. Hier möchten die Finanzminister zusammen mit der Kommission zumindest dahingehend nachdenken, ob von dieser einmaligen Ausnahme nicht abgegangen werden soll.

Weiterführende Informationen:

Presseaussendung zu den Ergebnissen des ECOFIN vom 17. November (nur in Englisch)