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Die Europäische Kommission setzt ihre Strategie der Mini-Schritte fort. Zaghafte und schleppende Fortschritte bei der Regulierung der Finanzmärkte. Und jetzt soll auch noch die Finanztransaktionssteuer still und heimlich beerdigt werden und durch einen für die Banken billigeren Abklatsch ersetzt werden. Ziel: Sand in die Augen der ArbeitnehmerInnen und SteuerzahlerInnen streuen und die Banken billig davon kommen lassen.
Algirdas Šemeta, der litauische Kommissar für Steuerfragen, hat diese Woche in Brüssel eine Mitteilung der Europäischen Kommission zur "Besteuerung des Finanzsektors" vorgestellt. Vor dem Hintergrund wachsenden politischen Drucks und des Zorns der ArbeitnehmerInnen konnte die Kommission das Thema nicht länger ignorieren.

Seit Monaten macht sich eine wachsende Koalition progressiver Kräfte, an der auch AK und ÖGB beteiligt sind, für die Einführung der Finanztransaktionssteuer (FTS) stark. Auch die österreichische Bundesregierung unterstützt diese Forderung aktiv. Doch der Widerstand der Finanzlobbies ist stark, und sie haben UnterstützerInnen in einigen Regierungen und in der Kommission.

Nach langem Zögern und Zaudern und erst nach Aufforderung durch die Staats- und Regierungschefs und das Europäische Parlament hat die Kommission jetzt eine Mitteilung veröffentlicht, wie sie sich die Besteuerung des Finanzsektors vorstellt. Tatsache ist, dass der immense menschliche und materielle Schaden, den die deregulierten SpekulantInnen aus der Finanzwelt angerichtet haben, bisher ausschliesslich von den BürgerInnen bezahlt wurde. Diejenigen, die die Krise ausgelöst haben und jetzt schon wieder blendend im Geschäft sind, wollen so weitermachen wie bisher und nicht belästigt werden. Unterstützt werden sie von einem Heer von SöldnerInnen, den LobbyistInnen.

Unter diesen Umständen wäre ein klares Bekenntnis zur FTS von der Kommission zu erwarten gewesen. Weit gefehlt. Nachdem die EuropäerInnen bereits auf internationaler Ebene mit ihrer halbherzig vorgetragenen Forderung nach einer globalen FTS abgeblitzt sind, will die Kommission jetzt auch von einer Einführung der FTS in der EU nichts mehr wissen. Zu groß sei die Gefahr, dass der Finanzhandel aus Europa abwandert, so das Argument. Beweise für dieses von den Banken immer wieder gern vorgebrachte Horrorszenario liefert die Kommission nicht.

Stattdessen schlägt sie eine „Steuer“ auf Finanzaktivitäten vor. Klingt ähnlich, wird den BürgerInnen schon nicht auffallen. Der Haken an der Sache: Während die FTS ein jährliches Volumen von EUR 150 Mrd. für die EU-Länder bringen würde, bringt die sogenannte Finanzaktivitätssteuer bestenfalls EUR 25 Mrd, eher aber nur EUR 5 Mrd. Ein Schnäppchen für die Banken! Das Konzept der Finanzaktivitätssteuer ist eine Erfindung des Internationalen Währungsfonds vom Juni 2010, reale Erfahrungen mit der Steuer gibt es so gut wie keine. Und während die FTS neben den höheren Einnahmen auch den immensen Vorteil gehabt hätte, den frenetischen vollcomputerisierten Hochgeschwindigkeitshandel mit Wertpapieren einzudämmen, hat die Finanzaktivitätssteuer keinen nennenswerten Lenkungseffekt.

Es ist an der Zeit, dass die ArbeitnehmerInnen und die Zivilgesellschaft Kommission, Finanzlobbies und jene Mitgliedstaaten, die aus der EU einen Finanzmarkt machen wollen, daran erinnern, dass Demokratie und sozialer Friede schützenswerte Güter sind.

Weiterführende Informationen:

Mitteilung der Kommission (nur in Englisch)

Presseaussendung

Fragen & Antworten (nur in Englisch)