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Diese Woche präsentierte Juan Pablo Corlazzoli die Ergebnisse einer Studie zur Menschenrechtssituation in Kolumbien im Menschenrechtsausschuss des Europäischen Parlaments. Die Schlüsse, die in der Studie gezogen werden, waren mehr als ernüchternd: Während eine Reihe von Morden an Gewerkschaftern kaum Erwähnung in der Studie finden, empfiehlt der Studienautor den Abschluss eines Freihandelsabkommens der EU mit Kolumbien. Von den Abgeordneten hagelte es teils heftige Kritik.

Bereits vor einigen Monaten sollte das Freihandelsabkommen zwischen der Europäischen Union und Kolumbien abgesegnet werden. Nach Protesten von Gewerkschaften, Nichtregierungsorganisationen und der AK, die auf schwerwiegende Verstöße gegen die Menschenrechte hinwiesen, wurde die Abstimmung darüber verschoben und eine Studie in Auftrag gegeben. ArbeitnehmervertreterInnen machten damals darauf aufmerksam, dass in Kolumbien in den letzten Jahren hunderte Gewerkschaftsfunktionäre umgebracht wurden und andere Morddrohungen erhalten hätten.

Der Studienautor Juan Pablo Corlazzoli stellte zu Beginn dar, dass er mehrere Jahre als Direktor im Büro des UN-Hochkommissars für Menschenrechte in Bogotá gearbeitet habe und nun als Berater tätig sei.

Corlazzoli stellte gegenüber den EU-Abgeordneten fest, dass er die schlimmsten Verletzungen gegen die Menschenrechte untersucht habe und er feststellen konnte, dass sich die Situation für die Bevölkerung verbessert habe. Die Regierung setze sich nun für den Schutz der GewerkschafterInnen ein. Der Drogenhandel würde bekämpft. Es gäbe ein Forum zum Schutz von MenschenrechtsaktivistInnen. Der Autor bezog sich auch auf das vor kurzem entdeckte Massengrab in Macarena, in dem bis zu 2.000 Leichen vermutet werden. Mit Angehörigen von Opfern sei gesprochen worden, Exhumierungen getätigt worden. Es gäbe aber keine Hinweise darauf, wer die Opfer (ZivilistInnen, GewerkschafterInnen) seien.

Der Studienautor zog die Schlussfolgerung, dass sich die Menschenrechtssituation in Kolumbien deutlich verbessert habe und er daher die Empfehlung gebe, ein Handelsabkommen abzuschließen. Ein derartiges Abkommen solle aber auch eine Klausel für Menschenrechte und Arbeitsnormen enthalten.  

Der sozialdemokratische EU-Abgeordnete Richard Howitt zeigte sich über die Studie empört und führte eine Reihe von Punkten an, die in der Studie nicht beziehungsweise nur am Rand erwähnt wurden: Teilweise seien kolumbianische Regierungsmitglieder direkt für Menschenrechtsverletzungen verantwortlich, das sei jedoch in der Studie überhaupt nicht festgehalten worden. Die Morde an GewerkschaftsmitgliederInnen seien kaum erwähnt, und die Toten in Macarena wurden erst aufgrund von Protesten forensisch untersucht. Die Situation ist auch jetzt noch bedenklich.

EU-Abgeordneter Charles Tannock von den Europäischen Konservativen und Reformisten lobte hingegen die Studie und sieht Kolumbien auf dem Weg in die richtige Richtung. Kolumbien sei auch Mitglied bei der Internationalen Arbeitsorganisation, die Situation der Gewerkschafter hätte sich gebessert, auch wenn noch viel zu tun sei.

Die liberale Abgeordnete Lochbihler äußerte sich kritisch. Man müsse auf Faktensuche gehen. In der Tat sei die Frage, warum die Verbindung der Regierung zu den Menschenrechtsverbrechen nicht erwähnt sei. Sie findet es seltsam, dass in der Studie auch stehe, dass sich mit einem Freihandelsabkommen die Menschenrechtssituation verbessern würde. Ihre Frage an den Autor wäre daher, wie er zu dieser Meinung komme.

Der Autor verteidigte seine Studie und machte die interessante Aussage, er wäre vom Auftraggeber, dem Europäischen Parlament, gebrieft worden, wie die Studie aufgebaut sein sollte. Außerdem hätte er sich nur auf einzelne Punkte beschränken können und musste auf den Umfang der Arbeit achten. Er gestand bezüglich der Gewerkschaften ein, dass es zwischen 1996 und 2008 keine Verurteilungen wegen Mordes an ArbeitnehmervertreterInnen gegeben habe, in jüngster Zeit allerdings schon, was eine Verbesserung darstelle.

Man darf gespannt sein, welche Entscheidung das Europäische Parlament hinsichtlich des Freihandelsabkommens fällen wird. Die Abstimmung darüber ist noch für dieses Jahr zu erwarten.

Weiterführende Informationen:

AK-Stellungnahme zur Fortführung von Verhandlungen mit Kolumbien über ein Assoziationsabkommen und zum Verhandlungsstand betreffend nachhaltige Entwicklung