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Am 17. Juni präsentierte die Europäische Kommission eine Mitteilung über die Zukunft der europäischen Verkehrspolitik. Die Mitteilung beinhaltet kein detailliertes Programm mit politischen Maßnahmen, sondern soll lediglich eine Diskussion eröffnen um Vorschläge für das geplante Verkehrsweißbuch im Jahr 2010 zu sammeln. Stellungnahmen können bis zum 30. September 2009 eingereicht werden.
Trends und Herausforderungen
Die Kommission identifiziert sechs zentrale Herausforderungen für die Verkehrspolitik: Bevölkerungsalterung, Zuwanderung und interne Mobilität, Umweltschutz, Verfügbarkeit von Energieressourcen, Verstädterung und Globalisierung. In der Mitteilung sieht die Kommission als erste Herausforderung die demografische Entwicklung in Europa. Auf Grund dessen, dass im Jahr 2060 voraussichtlich der Anteil der Personen über 65 Jahre an der Gesamtbevölkerung bei 30 % (gegenüber 17 %) liegen wird und sich die Mobilitätsbedürfnisse von Senioren stark verändern werden, muss sich die Verkehrspolitik entsprechend anpassen. Die Kommission schätzt weiters bis zum Jahr 2060 eine Nettozuwanderung vom 56 Millionen Einwohnern, durch die ebenfalls ein stärkerer Bedarf an Waren- und Personenverkehr bestehen wird. Die größte Herausforderung der Verkehrspolitik besteht jedoch im Bereich des Umweltschutzes. Die Umweltproblematik spitzt sich nicht nur durch die Verknappung fossiler Brennstoffe zu, sondern auch auf Grund der Tatsache, dass EU-Bürger nach wie vor einer gefährlich hohen Belastung von Luftverschmutzung und Lärm ausgesetzt sind. Der TERM-Bericht (Transport and Environment Reporting Mechanism) der Europäischen Umweltagentur zeigte auf, dass insbesondere die Grenzwerte für Feinstaub (PM10) im Jahr 2008 in vielen Gebieten höher waren als noch im Jahr 2005. Verkehr ist der zweitstärkste Verursacher von Feinstaub. Eine weitere zentrale Herausforderung besteht in der voranschreitenden Urbanisierung. Die Kommission rechnet mit einem Anstieg des Anteils der in den Städten wohnenden EU-Bevölkerung von 72 % im Jahr 2007 auf 84 % im Jahr 2050. Das Wachstum an städtischen Gebieten ist gleichzeitig mit einer erhöhten Nachfrage an Nah- und Individualverkehr verbunden. Dies ist insbesondere problematisch, da auf den Nahverkehr 40 % der CO2-Emissionen und 70 % der Emissionen anderer Schadstoffe im Straßenverkehr entfallen.

Schlussfolgerungen der Kommission teilweise nicht nachvollziehbar
Der für Verkehr zuständige Vizepräsident Antonio Tajani betonte in der Pressekonferenz mehrmals die Bedeutung der vollständigen Integration und Interoperabilität von einzelnen Teilen des Verkehrssystems. Im Bereich des Personenverkehrs soll z.B. die Integration des Luftverkehrs mit dem Hochgeschwindigkeitsschienenverkehr forciert werden. Bei der Optimierung der Nutzung von Verkehrsnetzen werden auch „intelligente Systeme“ für den Straßenverkehr und Verkehrsmanagementsysteme für Schienen- bzw. Luftverkehr eine wichtige Rolle spielen. Als effektives Mittel für die Reduzierung von Emissionen im Verkehr sieht Vizepräsident Tajani die Internalisierung von externen Kosten. In vielen Bereichen spiegeln die von den Verkehrsnutzern bezahlten Preise nicht die tatsächlich verursachten sozialen oder ökologischen Kosten wider. Die fehlende Kostenwahrheit führt zu falschen Marktsignalen. So gibt es z.B. keine wirtschaftlichen Anreize für die Nutzung von Verkehrsmitteln mit geringeren Lärmemissionen oder mit höherer Sicherheit.

Überhaupt nicht nachvollziehbar ist die Meinung der Kommission Rechtsvorschriften hätten zu einer Verbesserung der Arbeitsbedingungen im Straßen-, Schienen- und Seeverkehr geführt. Tatsächlich wurde erst vor kurzem die Ausdehnung der möglichen Lenkzeit bei BusfahrerInnen von 6 auf 12 Tage beschlossen. Der Richtlinienvorschlag zur Arbeitszeit im Straßenverkehr sah darüber hinaus vor, dass selbständige LKW-LenkerInnen vom Anwendungsbereich ausgenommen seien. Damit wäre es für die (Schein-)Selbständigen möglich über 80 Stunden/Woche zu fahren. Beide Beispiele zeigen, dass sich damit weder die Arbeitsbedingungen noch die Sicherheit auf der Straße erhöhen wird. Das Europäische Parlament hat nach massivem Lobbying von der Europäischen Transportarbeiterföderation, der österreichischen vida und von AKEUROPA die Arbeitszeitrichtlinie vorerst abgelehnt. Aufgrund der neuen Mehrheiten im Europäischen Parlament ist es aber alles andere als sicher, dass die von der Kommission vorgesehene Ausnahme für (Schein-)Selbständige nicht doch noch kommen wird.


Weiterführende Informationen:

Pressemitteilung der Kommission

Mitteilung der Kommission: Eine nachhaltige Zukunft für den Verkehr