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Am Donnerstag der vergangenen Woche trafen sich in London die Staats- und Regierungschefs der 20 wichtigsten Industrienationen der Welt, um eine Einigung über eine globale Antwort auf die Finanz- und Wirtschaftskrise zu erzielen. Es war dies ihr zweites Treffen nach jenem in Washington im November vergangenen Jahres.
Die Erwartungen an das Londoner Treffen waren im Vorfeld sehr groß. Ein Treffen ohne konkrete Ergebnisse war demnach nur schwer vorstellbar. Dennoch lastete großer Druck auf den Staats- und Regierungschefs und ihren Finanzministern, trafen doch ganz unterschiedliche Auffassungen über das Ziel des Gipfels aufeinander.

Während die Briten und die Amerikaner vor dem Gipfel versuchten, die Europäische Union zu noch ehrgeizigeren Konjunkturbelebungsmaßnahmen zu drängen, waren sich Deutschland und Frankreich einig, dass in erster Linie eine Regulierung der außer Kontrolle geratenen Finanzmärkte notwendig sei – ein Ziel, dass in den globalen Finanzzentren New York und London naturgemäß skeptisch beurteilt wird. So hatten sich denn auch die angelsächsischen Finanzlobbyisten über Jahrzehnte erfolgreich gegen Regeln für ihre Branche gestemmt und wurden dabei von der Politik unterstützt. Es war also nicht selbstverständlich, dass man in London zu einem gemeinsamen Ergebnis finden würde. Ein Scheitern des Gipfels hätte jedoch bei der ohnehin kritischen Verfassung der Weltwirtschaft massive Konsequenzen gehabt.

Auf den ersten Blick dürften sich die Kontinentaleuropäer mit ihrer Forderung nach verbindlichen Regeln für die Finanzindustrie durchgesetzt haben. So finden sich denn auch im Abschlusskommunique und in einer angefügten Erklärung zur Stärkung des Finanzsystems relativ konkrete Vorschläge zur Verbesserung der internationalen Aufsichtsstruktur, so wie die Einrichtung eines neuen „Financial Stability Boards“, das in Zukunft in engerer Zusammenarbeit mit dem Internationalen Währungsfonds durch ein Frühwarnsystem das Entstehen von Krisen verhindern soll. Weiters sollen Aufsicht und Regulierung weltweit auf alle wichtigen Finanzinstitutionen ausgedehnt werden, also auch auf Hedge Fonds, eine wichtige Forderung auch der AK. Das Zeitalter des Bankgeheimnisses scheint gemäß den Schlussfolgerungen der G20 ebenso vorbei zu sein. Weitere Punkte sind nachhaltigere Vergütungssysteme für Manager, Eigenkapitalvorschriften für Banken und die Regulierung von Rating Agenturen. Die Rolle des Internationalen Währungsfonds soll ebenfalls gestärkt werden und die Mittel des Fonds zur Unterstützung notleidender Staaten – auch in den Ländern Mittelosteuropas – werden verdreifacht. Gleichzeitig sollen die Abstimmungsstrukturen im IWF reformiert werden.

Auf die Forderung der Briten und Amerikaner nach zusätzlichen Konjunkturimpulsen wurde im Abschlusskommunique ebenso wenig eingegangen wie auf die von manchen geforderte Fortsetzung der Welthandelsgespräche im Rahmen der Doha-Runde.

Alles in allem kann davon ausgegangen werden, dass der Gipfel im Rahmen seiner Möglichkeiten einige begrüßenswerte Grundsätze festgeschrieben hat. Es bleibt nun abzuwarten, wie diese Grundsätze von den einzelnen Staaten und insbesondere von der Europäischen Union umgesetzt und in konkrete Gesetze gegossen werden. Das wird letztlich der Maßstab sein, an dem die ArbeitnehmerInnenvertreter die Ergebnisse dieses Gipfels messen werden. Es geht schließlich darum, mit aller Kraft zu verhindern, dass der ungezügelte Finanzkapitalismus die Grundlagen unserer solidarischen Gesellschaften zerstört.


Weiterführende Informationen:

Abschlusskommunique G20 London (nur in Englisch verfügbar)


Erklärung zu den Internationalen Finanzinstitutionen (nur in Englisch verfügbar)

Erklärung zur Stärkung des Finanzsystems (nur in Englisch verfügbar)

Working Papers der G20 Arbeitsgruppen (nur in Englisch verfügbar)