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Während sich in London die Staats- und Regierungschefs der 20 größten Industrienationen der Welt treffen, um über Wege und Lehren aus der Finanz- und Wirtschaftskrise zu beraten, haben einige Industrievertreter bereits ihre Lehren aus der Krise gezogen: Weiter so wie bisher!
Eingeübte Reflexe aus guten alten Zeiten. Manche Großindustrielle und ihre Branchenvertreter sind noch immer nicht ganz in der Realität des Jahres 2009 angekommen. Während Politiker aus allen Weltregionen sich seit Monaten den Kopf darüber zerbrechen, wie die Folgen der Finanz- und Wirtschaftskrise so abgefedert werden können, dass die drohende Massenarbeitslosigkeit nicht zu noch größeren sozialen Unruhen führt, kommen Industrievertreter jetzt mit Uralt-Rezepten aus der Mottenkiste: Die ArbeitnehmerInnen sollten auf Lohn verzichten und die Regulierung der Unternehmen möge bloß ja nicht übertrieben werden.

Da hilft es auch nichts, dass die von manchen Industrievertretern propagierten « Weisheiten » von allen Wirtschafsfachleuten als gefährlicher Unsinn abgetan werden. Zu einer Zeit, wo in ganz Europa der Anstieg der Preise auf Grund nachlassender Nachfrage der KonsumentInnen zurückgeht und in Spanien als erstem Euro-Mitgliedsland bereits offiziell Deflation, also ein Rückgang der Preise, gemeldet wurde, Lohnverzicht zu fordern, ist nichts weiter als engstirnige Klientelpolitik und zeugt nicht von gesamtgesellschaftlicher Verantwortung. Die ArbeitnehmerInnen, die nicht nur als MitarbeiterInnen die maßgebliche Quelle der Erfolge der Industrie sind, sondern auch über ihren Konsum die Käufer der Produkte der Industriebetriebe sind, jetzt durch Forderungen nach Lohnverzicht noch mehr zu verunsichern, entspricht einer langjährig eingeübten Strategie der Industriehardliner.

Drohungen mit Standortverlagerungen und den vermeintlichen Zwängen der Globalisierung gehören ebenso zu ihrem Repertoire wie der Trick aus der Mottenkiste: Lohnzurückhaltung, um international wettbewerbsfähig zu bleiben. Und natürlich « Bürokratieabbau«, also möglichst wenige Regeln für die Industrie.

Diese Industriehardliner haben auf europäischer Ebene über Jahre die Politik der EU maßgeblich diktiert. Von Lissabon-Strategie und dem Vorrang der Wettbewerbsfähigkeit vor dem Sozialen über die Verhinderung von allen Ansätzen zur Regulierung der Finanzindustrie bis hin zu « Better Regulation », dem Abbau vermeintlicher « Hürden » für Unternehmen: Stets fanden sie willige Ansprechpartner in den Reihen der Europäischen Kommission. Und so überrascht auch die Botschaft ihres obersten Lobbyisten in Brüssel, Businesseurope Boss de Seilliere, an den G20-Gipfel nicht wirklich: Arbeitskosten unter Kontrolle halten, Unternehmen nicht überregulieren. Es wird Zeit, solchen Forderungen aus der Ära des ungehemmten Finanzkapitalismus entschieden entgegen zu treten.