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Vergangene Woche veranstaltete der Ausschuss für Binnenmarkt und Verbraucherschutz des Europäischen Parlaments eine öffentliche Anhörung zum Richtlinienentwurf über die Rechte der Verbraucher. Die Europäische Kommission sieht eine Vereinheitlichung des Konsumentenschutzes vor. Experten warnen allerdings davor, dass die nationalen Verbraucherrechte durch die Einführung niedrigerer EU-Standards erheblich verschlechtert werden könnten.
Ziel des Vorschlags ist es laut Meglena Kuneva, EU-Kommissarin für Verbraucherrechte, europaweit bessere Preise, eine größere Auswahl für die Konsumenten und einen hohes Verbraucherschutzniveau zu schaffen. In Zeiten wirtschaftlicher Schwierigkeiten seien gesunde Märkte mit klaren Verbraucherregeln notwendig. Zudem betonte Kuneva, dass die Richtlinie die Mitgliedsstaaten nicht zwinge, ihre nationalen Verbraucherrechtsbestimmungen wie etwa Garantieregelungen aufzugeben. Der Vorschlag solle vielmehr die Rechte der Verbraucher bei der Zustellung (z.B. bei Verlust oder Beschädigung der Ware sowie versteckten Lieferungskosten), dem Rückgaberecht nach Abschluss von Fernverträgen und Regelungen bei Online-Verträgen verbessern.

Jutta Gurkmann vom Europäischen Verbraucherzentrum in Kehl bestätigt, dass im Bereich der Zustellung Handlungsbedarf notwendig ist. Nach Produktbeschwerden würden nämlich in diesem Bereich am meisten Klagen eingehen. Insgesamt bräuchten die VerbraucherInnen europaweit mehr Rechtssicherheit, vor allem beim e-commerce. Grundsätzlich sprach sich Gurkmann nicht gegen eine Vollharmonisierung der Verbraucherrechte aus, sondern wies daraufhin, dass eine zielgerichtete Vollharmonisierung, die alle Aspekte berücksichtigt, den grenzüberschreitenden Verkauf vereinfachen und somit zu mehr Rechtssicherheit für die Verbraucher führen würde.

Die Vertreter des Einzelhandels sprachen sich für eine Vollharmonisierung der Verbraucherrechte aus: Nach Carlos Almaraz von BusinessEurope seien gemeinsame Regeln wichtig, um das Vertrauen der Konsumenten in ausländische Märkte zu wecken. Ferner sei die Harmonisierung auch für KMUs vorteilhaft, die in den meisten Fällen über keine eigene Rechtsabteilung verfügen. Graham Wynn von EuroCommerce fügte hinzu, dass durch den Kommissionsvorschlag der Verbraucherschutz nicht eingeschränkt würde, da Unternehmen aus Imagegründen und der Kundenzufriedenheit trotz niedriger EU-Regulierungen ihre Schutzregeln nicht senken würden. Beide betonten, dass die Vollharmonisierung daher zum Verbraucherschutz beitragen würde.

Stimmen aus der Forschung wiesen vor allem daraufhin, dass eine Vollharmonisierung aufgrund der sehr unterschiedlichen nationalen Regelungen schwierig umzusetzen sei. So würden laut Martijn Hesselink in dem Richtlinienentwurf schlichtweg Definitionen fehlen: Was ist beispielsweise ein Vertrag? Oder was sind Schäden am Gerät? Hierzu schlägt der Experte von der Universität Amsterdam vor, dies im gemeinsamen Referenzrahmen zu regeln. Carole Aubert de Vincelles von der Universität Lyon zufolge sei die Umsetzung der Vollharmonisierung vor allem deswegen problematisch, da die jetzigen nationalen Bestimmungen die VerbraucherInnen besser schützen als die von der EU vorgeschlagenen Regelungen. Daher schlug sie vor, die Richtlinie eventuell nur auf grenzüberschreitende Käufe anzuwenden.

Der EU-Abgeordnete Malcolm Harbour äußerte sich hierzu, dass Waren nur in geringem Maße grenzüberschreitend verkauft würden und kritisierte zudem, dass Dienstleistungen und Online-Käufe im Richtlinienvorschlag gar nicht behandelt werden.

Aus AK-Sicht muss ein hohes Verbraucherschutzniveau im Mittelpunkt der Betrachtung stehen. Daher drängt die AK auf die Beibehaltung des Prinzips der Mindestharmonisierung. Denn die geplante Vollharmonisierung wirkt sich sowohl auf nationaler Ebene als auch EU-weit zum Nachteil des Konsumenten aus und sorgt für Rechtsunsicherheit. Bestenfalls einige wenige Begriffsbestimmungen und einzelne Rechtsfragen eignen sich für eine Vollharmonisierung. Es besteht also noch viel Klärungsbedarf.


Weiterführende Informationen:

Newsletter-Artikel vom 30-01-2009

AK-Positionspapier zum Richtlinienvorschlag über die Rechte der Verbraucher

Präsentationen der Experten (nur auf Englisch verfügbar)