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Lange Zeit waren sie erwartet worden, jetzt sind sie da. Die Europäische Kommission veröffentlichte diese Woche in einer Mitteilung Regeln für sogenannte „Bad Banks“. Es geht um Institute, die der Staat gründen soll, um den Banken ihre unverkäuflich gewordenen Wertpapiere abzukaufen. Mit Steuergeldern.
Der Druck auf die Kommission war in den vergangenen Wochen wieder mal groß geworden. Seit dem die Krise im Herbst des vergangenen Jahres nach dem Zusammenbruch der amerikanischen Investmentbank Lehman Brothers auch in Europa akut wurde, machen die Kommissionsbeamten Überstunden in Permanenz. Rund 50 Bankenrettungspakete aus den Mitgliedstaaten mussten oft unter großem Zeitdruck geprüft werden, dazu Regeln für die ersten Bankenrettungs- und Rekapitalisierungspläne erstellt werden. Vieles kam zu spät, um den Mitgliedstaaten wirklich eine Handlungsanleitung zu geben.

Die bisherigen Ergebnisse einer historisch einmaligen Rettungsaktion für das europäische Finanzsystem, bei dem hunderte Milliarden an öffentlichen Steuergeldern in die Hand genommen wurden, sind mehr als ernüchternd. Nur wenige Banken haben bisher das Finanzierungsangebot der europäischen Länder angenommen. Den Ton hat der Chef der Deutschen Bank, der Schweizer Josef Ackermann angegeben. Er würde sich schämen, so Ackermann, Geld vom Staat anzunehmen. Eine Bemerkung, die dem selbstbewussten Banker Prügel von der Politik eingebracht hat.

Jene Banken, die bisher Staatsgelder in Anspruch genommen haben, taten dies dann auch aus sehr unterschiedlichen Motiven. Entweder standen sie vor dem Abgrund und hatten keine andere Wahl, oder sie nutzten die Rettungspakete, um ihre Kriegskassen billig zu füllen. Das eigentliche Ziel der Bankenpakete aus gesamtwirtschaftlicher Sicht wurde jedoch ganz klar verfehlt: Banken werden zur Finanzierung der Realwirtschaft benötigt. Sie müssen ihrer gesellschaftlichen Aufgabe nachkommen und Kredite an investitionswillige Unternehmen und an Haushalte vergeben, sonst bricht die Wirtschaft zusammen. Und genau das tun sie noch immer nicht. Sie horten die Staatsgelder und warten auf mehr. Das hat mittlerweile zu deutlichen Worten hoher politischer Vertreter geführt. So meinte der Chef der Europäischen Zentralbank EZB, Jean-Claude Trichet erst kürzlich, dass unter solchen Umständen Banken eigentlich keine Daseinsberechtigung hätten. Und der irische Kommissar McCreevy – unter heftigem Beschuss für sein jahrelanges tête-à-tête mit der Finanzindustrie – brachte es auf den Punkt: Wir haben es mit Zombie-Banken zu tun, die nicht in der Lage sind, eine brauchbare Rolle in unseren Volkswirtschaften zu spielen, so McCreevy.

Tatsache ist, dass selbst die EZB von einer Kreditklemme spricht, und das zu einer Zeit, wo die Krise voll auf die Arbeitsmärkte durchschlägt. Jetzt rächt sich, dass die meisten Bankenrettungspakete der ersten Stunde zu halbherzig gestrickt wurden. Die Banken wurden in den meisten Fällen nicht verpflichtet, die Mittel der öffentlichen Hand in Anspruch zu nehmen und auch in Form von Krediten an Wirtschaft und Haushalte weiterzugeben. Von Beschränkungen der Managergehälter, Boni und Dividendenausschüttungen ganz zu schweigen. Fazit: Die erste Welle der Rettungspakete ist gescheitert.
Vorhang auf für den zweiten Akt. Seit geraumer Zeit geisterte eine neue Idee durch die politischen Korridore. Und wieder waren die Amerikaner schneller als die Europäer. Die öffentliche Hand könnte doch, so die Idee, den Banken alle ihre wertlos gewordenen Schrottpapiere abnehmen. Damit hätten sie wieder eine blütenweiße Weste, könnten unbesorgt von vorne beginnen und würden wieder Kredite vergeben. Die Idee der sogenannten „Bad Bank“. Einige europäische Länder, unter anderem Großbritannien, haben bereits ähnliche Pläne umgesetzt. Das Problem aus politischer Sicht: Eine solche Lösung kostet wieder Milliarden, für die die Steuerzahler bürgen müssen, und ist in Zeiten massiv steigender Arbeitslosigkeit politisch riskant. Das Problem aus europäischer Sicht: Wenn jedes Mitgliedsland für sich eigene Regeln aufstellt, kann es zu massiven Ungleichbehandlungen zwischen Banken in Europa kommen. Bei der Festsetzung eines Wertes für Wertpapiere, die im Grunde derzeit auf dem Markt unverkäuflich sind, muss europäisch koordiniert vorgegangen werden, sonst besteht die Gefahr dramatischer Subventionswettläufe.

In letzter Minute hat jetzt die Europäische Kommission in Zusammenarbeit mit der EZB diese europäischen Regeln vorgestellt. Es soll einheitlich festgelegt werden, welche Wertpapiere in den staatlichen Müllhalden deponiert werden können und welche Methoden bei der Preisfestsetzung angewendet werden müssen. Das soll die Banken endlich zwingen, ihre Bilanzen offenzulegen und mit der vollen Wahrheit über das wahre Ausmaß des Desasters herauszurücken, damit endlich ein Neuanfang gemacht werden kann. Die politische Reaktion in der Bevölkerung auf diesen zweiten Anlauf zur Rettung der Banken bleibt abzuwarten.


Weiterführende Informationen:

Pressemitteilung der Kommission

Mitteilung der Kommission zu Risikoaktiva (nur Englisch verfügbar)