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Die Europäische Kommission hat diese Woche in zwei Richtlinienvorschlägen und einem Weißbuch Änderungen zu den bestehenden Rechtsvorschriften im Banken- und Versicherungssektor vorgeschlagen. Dadurch sollen AnlegerInnen und InhaberInnen von Bankkonten in Zukunft besser geschützt werden. Michel Barnier, Kommissar für Binnenmarkt und Dienstleistungen, appellierte an das Parlament und den Rat, die Vorschläge rasch zu verabschieden, denn „die europäischen Verbraucher [...] müssen sich darauf verlassen können, dass ihre Ersparnisse, Anlagen oder Versicherungen überall in Europa geschützt sind.“ Ziel der Kommission ist es, Europas Finanzsystem transparenter und verantwortungsbewusster zu gestalten, um künftige Krisen abwenden bzw. besser bewältigen zu können.

Schutz von Bankeinlagen

Ein Kernelement des Vorschlags zur Einlagensicherung ist, dass in Zukunft die Einlagen von Sparern bei Banken europaweit bis maximal 100.000 Euro abgesichert sein sollen. Somit sollen laut Kommission in Zukunft 95% aller KontoinhaberInnen in der EU im Falle einer Insolvenz ihrer Bank ihre gesamten Ersparnisse zurückerstattet bekommen. Neu ist auch, dass die Mitgliedstaaten und ihre Banken nicht mehr als den Höchstbetrag von 100.000 Euro als Absicherung versprechen dürfen. Die Kommission möchte damit Wettbewerbsverzerrungen zwischen den Mitgliedstaaten unterbinden. Am Höhepunkt der Krise hat sich nämlich gezeigt, dass einige Mitgliedstaaten unkoordiniert die Einlagensicherung für ihre Banken erhöht und damit zu einem Abfluss von Spargeldern aus anderen Ländern beigetragen hatten.

Unglücklich mit dem Kommissionsvorschlag sind allerdings einige Banken in Deutschland und Österreich, so z.B. die deutschen Sparkassen und Genossenschaftsbanken. Denn sowohl in Deutschland (der Deutsche Sparkassen- und Giroverband, Bundesverband der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken) als auch in Österreich (Sparkassen-Haftungs AG, Schultze-Delitzsch Haftungsgenossenschaft, Österreichische Raiffeisen-Einlagensicherung, Hypo-Haftungs-Ges.) gibt es bankeninterne Vorkehrungen (Institutssicherung), die den KundInnen versprechen, dass ihre Einlagen über die gesetzliche Einlagensicherung hinaus unbegrenzt geschützt werden. Diese Sonderform der Einlagensicherung wird von den betroffenen Banken natürlich auch als Werbeargument genützt. Mit dem neuen Vorschlag der Kommission soll es in Zukunft nicht mehr möglich sein, dass eine Bank verspricht, die Einlagen ihrer SparerInnen über 100.000 Euro hinaus zu garantieren. KritikerInnen der „Institutssicherung“ gehen davon aus, dass in einer schweren Krise das gegenseitige Versprechen der Banken, sich untereinander auszuhelfen, um die Spareinlagen ihrer KundInnen unbegrenzt zu garantieren, ohnehin wertlos sein könnte, da die Institute nicht über ausreichende Mittel verfügen, um ihr Versprechen einzulösen. Am Ende müsste erst wieder der Steuerzahler gerade stehen. 

Die Einlagensicherung soll sich zukünftig auch auf kleine, mittlere und große Unternehmen sowie auf alle Währungen erstrecken. Ausgenommen bleiben dagegen Einlagen von Finanzinstituten und Behörden, strukturierte Anlageprodukte sowie Schuldverschreibungen. Vorgesehen ist auch eine schnellere Auszahlung: InhaberInnen von Bankkonten erhalten ihre Einlagen innerhalb von sieben Tagen zurück. Zudem soll anhand eines neuen Standard-Informationsbogens und der Kontoauszüge zukünftig besser über Deckungsumfang und Funktionsweise des jeweiligen Einlagensicherungssystems informiert werden.

Finanziert werden soll das Ganze durch die Banken selbst, um im Falle einer neuen Krise nicht die SteuerzahlerInnen zu belasten. Dabei schlägt die Kommission folgendes Vierstufenkonzept vor:

  1. Zunächst werden im Wege einer ex ante Finanzierung solide Reserven aufgebaut.
  2. Diese Reserven können bei Bedarf durch zusätzliche ex post Beiträge aufgestockt werden.
  3. Ist die Finanzierung immer noch unzureichend, können die Banken gegenseitige Kredite vergeben.
  4. Als letztes Mittel kommen dann anderweitige Finanzierungsmöglichkeiten in Betracht.
Laut Folgenabschätzung der Kommission werden die jährlichen Aufwendungen der Banken für die Einlagensicherungssysteme nach dem neuen Vorschlag von 1,8 Milliarden auf 2,6 Milliarden Euro steigen, das operative Ergebnis der Banken wird in Folge um 4% niedriger sein. Für die BankkundInnen bedeutet dies, dass sie in Zukunft 0,08 Prozentpunkte niedrigere Zinsen für ihre Einlagen erhalten oder 3,5 Euro höhere Gebühren für ihre Girokonten bezahlen werden.

Schutz von Wertpapiereinlagen

Zurzeit bestehen in der EU 39 verschiedene Systeme, um AnlegerInnen von Wertpapieren zu entschädigen, falls eine Wertpapierfirma nicht in der Lage ist, die entsprechenden Vermögenswerte zurückzuzahlen. Mit den vorgeschlagenen Änderungen soll die bisherige Richtlinie von 1997, die den Schutz von Wertpapiereinlagen regelt, ausgebaut werden. So soll unter anderem die derzeitige Mindestentschädigungshöhe von 20.000 auf 50.000 Euro angehoben und AnlegerInnen bei Zahlungsunfähigkeit einer Wertpapierfirma spätestens nach neun Monaten entschädigt werden. Um dies gewährleisten zu können, müssen die Investmentfirmen zukünftig entsprechende Rücklagen bilden. Des Weiteren schlägt die Kommission vor, den Schutz von AnlegerInnen in der neuen Richtlinie sowohl auf InhaberInnen von Investmentfondsanteilen, die Verluste erleiden, wenn eine Verwahrstelle oder eine Subdepotbank des Fonds ausfällt, als auch auf Wertpapierfirmen, die Vermögenswerte ihrer KundInnen einem als Verwahrer agierenden Dritten anvertrauen und dieser zahlungsunfähig wird und die Vermögenswerte nicht zurückgibt, auszuweiten.

Besserer Schutz für VersicherungsnehmerInnen

Im Versicherungssektor verfügen derzeit nur zwölf Mitgliedstaaten über ein oder mehrere Sicherungssysteme, die zudem hinsichtlich Deckungsumfang, Zulässigkeit von Ansprüchen, Zeitpunkt der Intervention sowie Art der Finanzierung stark variieren. Mit der Vorlage des Weißbuchs „Sicherungssysteme für Versicherungen“ stellt die Kommission nun verschiedene Optionen vor, wie ein fairer und umfassender VerbraucherInnenschutz in der EU gewährleistet werden kann, damit in Zukunft nicht die SteuerzahlerInnen beim Zusammenbruch einer Versicherungsgesellschaft aufkommen müssen. Ferner wird der Erlass einer Richtlinie vorgeschlagen, die garantieren soll, dass alle Mitgliedstaaten über ein Sicherungssystem für Versicherungen mit gewissen Mindestanforderungen verfügen. Stellungnahmen und Vorschläge können bis zum 30. November 2010 eingereicht werden.

Weiterführende Informationen:

Pressemitteilung der Europäischen Kommission

Einlagensicherungssysteme

Anlegerentschädigungssysteme

Sicherungssysteme für Versicherungen