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Mehr als 23 Millionen Menschen waren in der Europäischen Union per Oktober 2010 arbeitslos. Ein Anstieg von beinahe 45 Prozent gegenüber dem 2. Quartal 2008, unmittelbar vor Ausbruch der Finanz- und Wirtschaftskrise, als nur 16 Millionen Menschen auf Arbeitssuche waren. Ein leichtes Sinken der Arbeitslosenrate ist laut den Kommissionsdaten erst im Jahr 2012 zu erwarten. Etwas besser läuft es beim Wirtschaftswachstum der EU27: Ein prognostiziertes Wachstum von 1,7 % dieses Jahr und 1,5 % nächstes Jahr sind zwar ebenfalls kein Grund für Freudensprünge, aber besser als die noch im Frühjahr prognostizierten 0,9 % Wachstum für 2010.
Die Europäische Union hat nach wie vor mit den Auswirkungen der weltweiten Finanzkrise zu kämpfen. GriechInnen, IrInnen und PortugiesInnen sind nur einige, die besonders unter der angespannten Lage ihrer öffentlichen Haushalte leiden. Der Spardruck hat in einigen Ländern zu einer tiefen Rezession geführt. Griechenland ist am stärksten betroffen - für dieses Jahr wird ein Rückgang von 4,2 % und 2011 ein Rückgang von 3 % des Bruttoinlandsprodukts (BIP) prognostiziert. Dagegen war das griechische Minus bei der Wirtschaftsleistung von 2,3 % im Jahr 2009 noch vergleichsweise harmlos. Etwas besser sind die Vorhersagen für Irland und Spanien, bei denen dieses Jahr ein geringer Rückgang, aber ab nächstes Jahr wieder ein Wachstum des BIPs vorhergesagt wird. Trotz der Sparbemühungen prophezeit die Kommission ein weiteres Ansteigen der Verschuldung Griechenlands auf bis zu 156 % im Jahr 2012, gefolgt von Italien mit dem zweithöchsten Schuldenstand in der EU mit 119 % und Irland mit 114 %, das noch vor vier Jahren eine Verschuldung von nur 25 % aufwies. Die derzeit niedrigste Verschuldung in der Eurozone weisen im übrigen Luxemburg mit 18 %, Slowenien mit 41 % und die Slowakei mit 42 % auf.

Erschreckend sind die Konsequenzen des Marktversagens des Finanzsektors für den Arbeitsmarkt: Am schlimmsten betroffen sind die Länder Griechenland, Irland, Spanien und Estland. Lag die Arbeitslosenrate 2008 in Estland noch bei 5,5 %, so wird sie 2010 nun bei 17,5 % zu liegen kommen. In Irland kommt es im selben Zeitraum zu einem Anstieg von 6,3 auf 13,5%. In den Schatten gestellt werden diese Zahlen nur noch von Spanien die von ihrem besten Jahr (2007) mit einer Arbeitslosenrate von 8,3 % auf 20,1 % im Jahr 2010 hinaufschnellen werden. Die durchschnittliche Arbeitslosenrate in der EU27 wird 2010 bei rund 10 % liegen. Interessant ist aber die Entwicklung in Deutschland und Österreich: In beiden Ländern ist es zu einer deutlichen Entspannung auf dem Arbeitsmarkt gegenüber dem Vorjahr gekommen. Deutschland liegt mit einer prognostizierten Arbeitslosenrate von 7,3 % für 2010 sogar leicht unter dem Wert von 2008. Die Kommission sagt sogar einen Rückgang der deutschen Arbeitslosenrate auf 6,3 % bis 2012 voraus. In Österreich soll der Wert auf 4,0 % zurückgehen.

Ein Land sticht positiv aus den von der Kommission veröffentlichten Zahlen hervor: Schweden wird dieses Jahr voraussichtlich ein Wirtschaftswachstum von 4,8 % erreichen, nächstes Jahr soll es 3,3 % betragen. Die Schulden der öffentlichen Hand werden von heuer 40 auf 37,5 % im Jahr 2012 zurückgehen. Die relativ hohe Arbeitslosigkeit soll von 8,3 auf 7,5 % im Jahr 2012 sinken.

Der Chef der Europäischen Zentralbank, Jean-Claude Trichet, beschrieb die Lage der Europäischen Union diese Woche im Wirtschaftsausschuss des Europäischen Parlaments eher positiv. Die Inflation sei auf sehr niedrigem Niveau, nämlich 1,9 %, die Kreditvergabe funktioniere im Vergleich zur Finanzkrise wieder, es gebe auch Reformen im Finanzsektor. Trichet räumt aber ein, dass die letzte Zeit für die Eurozone angesichts der Schuldendiskussion einzelner Länder schwierig gewesen sei. Der Euro wackelt seiner Meinung nach aber nicht.

Eines zeigt der Herbstausblick der Kommission deutlich: Die EU-Arbeitslosigkeit wird mit Ausnahme einiger weniger Staaten hoch bleiben, die Schulden öffentlicher Haushalte in der Europäischen Union bis 2012 noch leicht steigen (von 79 auf 83 %) und die Wirtschaft im Vergleich vor der Finanzkrise nur relativ schwach wachsen. Die Aufarbeitung der durch die Finanzsektoren verursachten Krise wird wahrscheinlich noch Jahre in Anspruch nehmen.

Weiterführende Informationen:

Herbstprognose der Kommission