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Das von der Europäischen Kommission jährlich organisierte Brüsseler Steuerforum stand dieses Jahr ganz im Zeichen der Besteuerung des Finanzsektors. Die Präferenz der Europäischen Kommission für eine Finanzaktivitätssteuer, eine Mini-Variante der Finanztransaktionssteuer, war nicht zu übersehen. Auf der eineinhalbtägigen Konferenz wurden mit Stephan Schulmeister (Österreichisches Wirtschaftsforschungsinstitut) und einem Vertreter von OXFAM nur zwei Befürworter einer Finanztransaktionssteuer eingeladen. Alle anderen RednerInnen sprachen sich für eine Finanzaktivitätssteuer aus.
Umso wichtiger ist das vor dem Hintergrund, dass das Brüsseler Steuerforum in einer Zeit stattfindet, in der eine öffentliche Konsultation der Kommission zu Besteuerung des Finanzsektors im Laufen ist und die am Forum präsentierten Beiträge von der Kommission in den Konsultationsprozess einfließen.

Bereits im Vorfeld des Steuerforums organisierten AK, ÖGB und die Koalition Europeans for Financial Reform eine Pressekonferenz zur Finanztransaktionssteuer. Beteiligt haben sich daran neben Stephan Schulmeister (WIFO),auch der Leiter der AK-Steuerpolitik Otto Farny, Maria Arena, Senatorin im belgischen Parlament, und die Europaparlamentarierin Pervenche Berès. Durch die Pressekonferenz wurde klargemacht, dass es ein Aufgebot der demokratischen wie auch der sozialen und ökonomischen Prinzipien ist, der sich die EU verpflichtet, dass die Kommission die mehrmaligen Aufforderungen vonseiten des Parlaments endlich berücksichtigen muss.

Die ReferentInnen am ersten Nachmittag des Forums waren sich zumindest darüber einig, dass eine stärkere Besteuerung des Finanzsektors notwendig ist – die Finanzkrise hat bewirkt, dass heutzutage niemand mehr offen dagegen sein kann. Der zweite Tag war dann in zwei Einheiten aufgeteilt. Der Vormittag war der Finanztransaktionssteuer gewidmet. Den inhaltlichen Input für die Diskussion lieferte Stephan Schulmeister. Er betonte die Vorteile der Finanztransaktionssteuer, die unter anderem das hochspekulative high-frequency trading dämpfen könnte, und erklärte ausführlich, wieso es ein Mythos sei, dass Finanzkapital flüchtig wäre. Nichtsdestotrotz wiederholte die Vertreterin des Internationalen Währungsfonds IWF in der darauffolgenden Diskussion ihre Ablehnung gegen diese Form der Besteuerung. Jeffrey Owens, langgedienter Experte der OECD, übte hauptsächlich Kritik an den Fragen und der Vorgangsweise der Kommission bei der Konsultation.

Schon am Vormittag zeichnete sich dank der vorausblickenden Einladungspolitik der Europäischen Kommission allerdings eine Tendenz in Richtung der Finanzaktivitätssteuer ab, bevor am Nachmittag die eingeladenen ExpertInnen überhaupt nur mehr von dieser Form der Besteuerung sprachen und die Finanztransaktionssteuer ganz aus dem Blickfeld verschwand. Die Finanzaktivitätssteuer war sogar mit Vertretern einer real existierenden Variante– aus Dänemark – vertreten, allerdings sehr einseitig. Wenig überraschend daher, dass insbesondere Dänemark, Schweden und natürlich Großbritannien sich vehement gegen die Einführung der Finanztransaktionssteuer stemmen. Von einer Konferenz, die objektiv alle Möglichkeiten auf den Tisch legen soll, erwartet man sich anderes. Das Vorgehen der Europäischen Kommission lässt nichts Gutes von der bevorstehenden Konsultation erwarten.

AK und ÖGB werden zusammen mit ihren BündnispartnerInnen auch weiterhin massiv dafür eintreten, dass die Kommission und insbesondere der litauische Steuerkommissar Algirdas Semeta den Beschluss des Europäischen Parlaments und den Willen der BürgerInnen in Europa nach einem gerechten Beitrag der SpekulantInnen an den Kosten der Krise respektieren.