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Diese Woche legte die Kommission in Brüssel zwei Mitteilungen vor, die sich mit der Regulierung der Finanzmärkte befassen. Es geht zum einen um zukünftige Maßnahmen zur Bändigung der Derivatemärkte, die eine zentrale Rolle in der Finanzkrise gespielt haben. Zum anderen verabschiedete die Kommission auch eine Mitteilung über einen europaweiten Rahmen für grenzüberschreitendes Krisenmanagement im Bankensektor.
Ehrgeizige Rechtsvorschriften verspricht die Kommission bei Derivaten. Die Mitteilung, die selbst nur erklärenden Charakter hat, skizziert die einzelnen Maßnahmen und den weiteren Fahrplan, bis es tatsächlich zu Gesetzesvorschlägen kommen soll, nämlich im Jahr 2010. Interessant dabei die Begründung der Kommission: Die Finanzkrise habe Europa auf dem Weg zur Erreichung der Lissabonziele zurückgeworfen und habe aufgezeigt, wie verwundbar die produzierende Wirtschaft durch die Instabilität der Finanzmärkte sei. Eine Ansicht, die Arbeitnehmervertreter jahrelang vehement vertreten haben, ohne von der Kommission Ernst genommen zu werden.

Beim Derivatehandel geht es um immense Beträge. Betrug das Volumen der gehandelten Derivate 1998 noch rund EUR 71 Billionen, so explodierte dieser Wert innerhalb von 10 Jahren auf unfassbare EUR 568 Billionen. Das entspricht in etwa dem 10fachen der weltweiten bzw. dem 2000fachen der österreichischen jährlichen Wirtschaftsleistung Österreichs. Dazu kommt ein weiterer Trend, der maßgeblich zum Entstehen der Finanzkrise beigetragen hat: Der Handel mit Derivaten spielt sich weitgehend in Hinterzimmern ab, jenseits jeglicher Kontrolle durch staatliche Aufsichtsbehörden. Vom EUR 568 Billionen-Handelsvolumen entfielen rund EUR 500 Billionen auf Derivat-Transaktionen, die nicht über öffentliche Börsen gehandelt wurden, und die im Fachjargon als „Over-the-Counter“ (OTC) bezeichnet werden. Hier machen die Parteien „über den Ladentisch hinweg“ die Konditionen unter sich aus, und den Aufsichtsbehörden fehlt der Einblick in das Geschehen. In der Realität werden solche Deals per Telefon oder elektronisch über „private“ Händlernetze abgeschlossen.

Um den unübersichtlichen Dschungel von bilateralen Deals, in den die öffentliche Hand keinen Einblick hat, zu lichten, müssten diese entweder verpflichtend über Börsen gehandelt oder eine Zwischenstelle (zentrale Gegenpartei) eingeschaltet werden, die zwischen Käufern und Verkäufern solcher Produkte vermittelt und behördlicher Aufsicht unterliegt. Erste Ansätze derartiger Vorschläge legt nun die Kommission in ihrer Mitteilung vor.

Die zweite von der Kommission in dieser Woche präsentierte Mitteilung betrifft Banken in Krisensituationen. Die Kommission ist auch hier – nach jahrelanger Untätigkeit – zur Einsicht gelangt, dass „dringend wirksame grenzübergreifende Mechanismen zur Bewältigung von Bankenkrisen geschaffen werden müssen“. Es geht um einen klaren Rechtsrahmen für grenzüberschreitende Banken in Europa, die rund 75% des gesamten Bankengeschäfts in der EU dominieren. Hier befragt die Kommission interessierte Kreise im Rahmen einer europaweiten Konsultation, wie Krisen solcher Banken frühzeitig erkannt werden können, welche Maßnahmen getroffen werden müssen, um gegebenenfalls eine Insolvenz solcher Institute geordnet abzuwickeln, und wer die Kosten einer etwaigen Sanierung dieser Banken tragen soll, wenn mehrere Mitgliedstaaten betroffen sind.


Weiterführende Informationen:

Pressemitteilung der Kommission zu den Derivatemärkten

Mitteilung der Kommission zu den Derivatemärkten (nur in Englisch verfügbar)

Pressemitteilung der Kommission zu einem neuen EU-Rahmen für Krisenmanagement im Bankensektor

Mitteilung der Kommission zu einem neuen EU-Rahmen für Krisenmanagement im Bankensektor (nur in Englisch verfügbar)

AK-Stellungnahme zur Mitteilung der Europäischen Kommission: Gewährleistung effizienter, sicherer und solider Derivatemärkte