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Bereits seit 2007 gibt es Verhandlungen der EU mit Kolumbien über ein Handelsabkommen. Der Handel zwischen Kolumbien und der Europäischen Union soll damit erleichtert und Zölle reduziert werden. Die Menschenrechtssituation in Kolumbien ist jedoch nach wie vor dramatisch: Gerade gegen ArbeitnehmervertreterInnen kommt es sehr oft zu Übergriffen: Seit 1986 wurden 2.848 GewerkschafterInnen ermordet.
In den letzten Tagen gab es für die EU-ParlamentarierInnen zwei Mal im Rahmen von parlamentarischen Anhörungen die Gelegenheit sich mit MenschenrechtsaktivistInnen und GewerkschaftsfunktionärInnen aus Kolumbien über die aktuelle Lage des südamerikanischen Landes auszutauschen. Kolumbianische GewerkschaftsvertreterInnen führten aus, dass nur 6 der 19 Millionen ArbeitnehmerInnen Gewerkschaftsrechte hätten. Zudem wäre Kinderarbeit weit verbreitet – ca. 1,6 Millionen Kinder würde dies betreffen. Weniger als 1 Prozent der Beschäftigten hätten einen Kollektivvertrag. Die von der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) formulierten Normen würden in Kolumbien nicht berücksichtigt.

Der kolumbianische Kongressabgeordnete Hernando Hernandez schilderte, dass sich die Lage auch mit dem neuen Präsidenten Santos nicht geändert habe. Die Regierung habe zwar neue Gesetze geplant, die eine Entschädigung von Opfern von Gewaltakten und die Rückgabe von Land vorsieht, nach wie vor komme es aber zu Übergriffen auf Oppositionelle und GewerkschaftsvertreterInnen.

Der Menschenrechtsanwalt Reinaldo Villalba schilderte die Situation der letzten 8 Jahre unter dem Präsidenten Uribe. Menschenrechtsorganisationen oder Gewerkschaften wurden als terroristisch bezeichnet und als Gefahr für die nationale Sicherheit. GewerkschaftsvertreterInnen bekamen Puppen oder Trauerkränze geschickt oder erhielten anonyme Anrufe mit dem Rat nachzusehen, ob ihr Kind noch im Haus sei. Mit Psychoterror hätten die VertreterInnen laufend zu tun gehabt und es sei ein juristischer Krieg gegen Menschenrechtsorganisationen geführt worden. Dieses Jahr seien bereits 41 GewerkschafterInnen ermordet worden.

Die kolumbianischen GewerkschaftsvertreterInnen sprechen sich klar gegen ein Freihandelsabkommen aus, weil es unter den derzeitigen Bedingungen weder eine Verbesserung für die Beschäftigten noch eine Erhöhung des Wohlstands bringen würde. Es müssten zuerst die von der Internationalen Arbeitsorganisation definierten Kernarbeitsnormen umgesetzt werden und EU-Unternehmen dazu verpflichtet sein, sich an diese Arbeitsrechte zu halten. Gewerkschaften müssten als Institution akzeptiert werden und ein offener sozialer Dialog möglich sein.

Während Rat und Kommission sich weitgehend einig sind, dass es ein Handelsabkommen mit Kolumbien geben soll, ist im Europäischen Parlament noch keine Entscheidung gefällt worden. Die Kritik an der Menschenrechtssituation hat dazu geführt, dass nächstes Jahr noch einmal im Europäischen Parlament darüber diskutiert werden soll. Laut dem EU-Abgeordneten Richard Howitt könnten die Verhandlungen noch ein weiteres Jahr in Anspruch nehmen.