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ZurückDer Europäische Wirtschafts- und Sozialausschuss hat jüngst eine Stellungnahme zu Maßnahmen zur Schaffung eines EU-Rahmens für den gerechten Übergang verabschiedet. In dieser fordert er eine entsprechende EU-Agenda 2050, ein eigens dafür zuständiges Kommissionsmitglied und eine Beobachtungsstelle. Der Ausschuss verdeutlicht damit, dass der gerechte Übergang in der nächsten Legislaturperiode ganz oben auf der Agenda stehen muss. Einen grünen Wandel kann es nur im Einklang mit einem sozialen Wandel geben.
Auf Ersuchen des kommenden belgischen Ratsvorsitzes hat sich der Europäische Wirtschafts- und Sozialausschuss (EWSA) mit Maßnahmen zur Schaffung eines EU-Rahmens für den gerechten Übergang befasst. Die Stellungnahme dazu wurde im Plenum am 14.12.2023 verabschiedet. Dem EWSA kommt auf EU-Ebene eine beratende Funktion für das Europäische Parlament, den Rat und die EU-Kommission zu. Unterteilt in drei Gruppen repräsentiert der EWSA Arbeitgeber:innen, Arbeitnehmer:innen und Organisationen der Zivilgesellschaft in der EU.
Wie kann der grüne und digitale Übergang gerecht gestaltet werden?
In der Stellungnahme werden Kernelemente eines politischen Rahmens für einen gerechten Übergang umrissen. Dabei werden sowohl kurz- als auch langfristige Maßnahmen angesprochen. Der Ausschuss hält fest, dass der Übergang gleichermaßen auf den Grundsätzen der ökologischen Nachhaltigkeit und des Schutzes sozialer Werte beruhen muss. Er betont, dass der gerechte Übergang in der nächsten Legislaturperiode ganz oben auf der Agenda stehen muss und einen ganzheitlichen, bereichsübergreifenden und kohärenten Ansatz erfordert. Er vertritt die Ansicht, dass der politische Rahmen für einen gerechten Übergang auch zur Weiterentwicklung des europäischen Sozialmodells beitragen sollte. Dies wäre beispielsweise mit einer Richtlinie möglich, die die Mitgliedsstaaten dazu anhält, ihre Sozialsysteme zu modernisieren, eine faire Verteilung der Vorteile des grünen Wandels zu gewährleisten und für zugängliche Dienstleistungen zu sorgen.
EWSA macht konkrete Vorschläge
Zu den Maßnahmen, die in der Stellungnahme vorgeschlagen wurden, gehört erstens die Ausarbeitung und Annahme einer „EU-Agenda 2050“. Grundsätze der Agenda sind ökologische Nachhaltigkeit, das Recht auf ein würdevolles Leben und der Schutz sozialer Werte. Zweitens soll in der nächsten Legislaturperiode ein:e Kommissar:in für „Just Transition“ ernannt werden. Sie oder er wäre dann dazu berufen, in enger Abstimmung mit den anderen Generaldirektionen der EU-Kommission für die Umsetzung eines gerechten Übergangs zu sorgen.
Der dritte Vorschlag bezieht sich auf die Einrichtung einer Beobachtungsstelle für einen gerechten Übergang. Diese Stelle wäre für einschlägige Forschung, Datenerhebung und die Entwicklung eines Scoreboards zuständig. Anhand von Daten soll sie die Prozesse und Strategien für einen gerechten Übergang überwachen und außerdem wichtige Forschungsfragen aufgreifen, beispielsweise wie viele Arbeitnehmer:innen aufgrund des Übergangs von Kündigungen betroffen sind. Durch die Bereitstellung von Zahlen und Fakten sollte die neue Stelle auch zur Einbeziehung der Sozialpartner und anderer, noch nicht näher definierter Interessengruppen, beitragen.
Insgesamt sollte der politische Rahmen für einen gerechten Übergang nach Auffassung des EWSA für nachhaltiges Wirtschaften sorgen, das die Belastungsgrenzen des Planeten und das Recht auf ein würdevolles Leben beachtet.
Gerechter Übergang muss fixer Bestandteil der sozial- und wirtschaftspolitischen Agenda werden
Ein weiterer Bestandteil der Stellungnahme betrifft die notwendige Reform des Europäischen Semesters, das besser auf die ökologische und soziale Dimension ausgerichtet werden soll. Zudem soll der Stabilitäts- und Wachstumspakt reformiert werden, damit genug Spielraum für jene Ausgaben bleibt, die für einen gerechten Übergang unerlässlich sind. Hier sieht die Stellungnahme vor, eine goldene Regel für Investitionen einzuführen, sodass diese Ausgaben nicht von den Defizit- und Schuldenregeln erfasst werden.
Der Rahmen für einen gerechten Übergang muss im Zuge des sozialen Dialogs, von Kollektivvertragsverhandlungen, eines Dialogs mit den Bürger:innen und unter Einbeziehung der regionalen Gebietskörperschaften entwickelt und umgesetzt werden. Der EWSA spricht sich für die Entwicklung von Plänen auf allen Ebenen aus, die mit dem Schutz und der Schulung von Arbeitnehmer:innen einhergehen.
Gerechten Übergang zur Priorität machen
In der Debatte im Plenum wird auch auf einen aktuellen Bericht zur Umsetzung der Empfehlung des Rates zur Sicherstellung eines gerechten Übergangs zur Klimaneutralität verwiesen, demzufolge bisher nur Spanien eine Strategie hat, um die sozialen Aspekte eines Übergangs zu adressieren. Diesem Beispiel sollten die anderen Mitgliedstaaten folgen. Die Stellungnahme wurde nach einer engagierten Debatte mit einer überwältigenden Mehrheit angenommen. Es bleibt zu hoffen, dass bald konkrete Schritte in Richtung einer umfassenden europäischen Strategie für einen gerechten Übergang folgen.
Der Bericht entspricht in vielen Punkten der Position der Arbeiterkammer. Auch die AK fordert seit vielen Jahren einen Übergang, der die Transformationskosten gerecht verteilt. In diesem Sinne engagiert sie sich auch in der European Alliance for a Just Transition.
Weiterführende Informationen:
EWSA: Zur Stellungnahme
AK EUROPA Positionspapier: Auf dem Weg zu einem nachhaltigen Europa bis 2030
AK EUROPA: Europa braucht eine Reform des Stabilitäts- und Wachstumspaktes!
AK Wien: Die Implementierung der Goldenen Regel für öffentliche Investitionen in Europa
A&W Blog: „Just Transition”: Weil Klimapolitik eine soziale Frage ist!
A&W Blog: Just Transition: Arbeitskräfte für die Energiewende
European Alliance: Just Transition