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Deutliche Auffassungsunterschiede zwischen den Fraktionen traten bei einer Abstimmung über die öffentlichen Finanzen und ihre Rolle nach der Wirtschaftskrise zutage. Die Europäische Volkspartei und die Liberalen fordern rasch Maßnahmen wie die Anhebung des Rentenalters und der Erhöhung der Produktivität der sozialen Dienstleistungen zur Verbesserung der Situation der öffentlichen Finanzen. SozialdemokratInnen, Grüne und Vereinte Europäische Linke wiederum sehen in der sofortigen Umsetzung einer haushaltpolitischen Konsolidierung sowohl Gefahren für die Erholung der Wirtschaft als auch die Möglichkeit, dass es zu sozialen Unruhen kommen könnte. Sie fordern stattdessen eine Finanztransaktionssteuer und eine bessere Ausgewogenheit der Besteuerung von Arbeit und Kapital.

In dem Bericht werden besonders folgende Maßnahmen hervorgestrichen:

  • Einige Mitgliedstaaten hätten dem Parlamentstext zufolge hinsichtlich der Senkung ihrer Verwaltungs- und Gesundheitsausgaben noch nicht genug getan, auch Reformen bei Gesundheits- und Rentensystemen ließen zu wünschen übrig.
  • Zur Reduzierung der Haushaltsdefizite müsse generell die Produktivität gesteigert werden, insbesondere aber die Produktivität der sozialen Dienstleistungen.
  • Etwas seltsam mutet die Forderung an die Kommission an, ein Grünbuch zu verfassen, in dem „Lösungen und Alternativen“ gegen sinkende Geburtenraten in der Europäischen Union gefunden werden sollen.
  • Gefordert wird außerdem eine transparente Finanzierung der Altersversorgungssysteme im Rahmen der öffentlichen Haushalte oder durch kapitalgedeckte private Systeme.

Angemerkt wird immerhin, dass sich gerade die Sozialversicherungssysteme in Krisenzeiten als besonders wirksam erwiesen haben. Ein Sozialstaat könne allerdings nur erhalten werden, wenn Defizite und Schulden abgebaut würden.

In zwei Änderungsanträgen schlägt der Berichterstatter Hoang Ngoc von der Allianz der Sozialisten und Demokraten die Errichtung einer öffentlichen Rating-Agentur vor. Die privaten Rating-Agenturen hätten leider versagt, Risiken, die die Finanz- und Wirtschaftskrise verursacht haben, richtig zu bewerten. Er setzte sich damit ebenso wenig durch wie mit der Aussage, dass eine sofortige Haushaltskonsolidierung das Wirtschaftswachstum gefährden und sogar zu sozialen Unruhen führen könnte. Auch Hoang Ngocs Forderung, eine Finanztransaktionssteuer einzuführen und ein Steuersystem zu forcieren, welche eine bessere Ausgewogenheit zwischen Arbeit und Kapital bewirkt, fand keine Mehrheit. Stattdessen sieht der Text nun die Erhöhung der Produktivität von sozialen Dienstleistungen, womit vermutlich Mittelkürzungen beim Sozialbudget bei Aufrechterhaltung der Leistungen gemeint sind, und eine Anhebung des Rentenalters vor, um die öffentlichen Finanzen zu entlasten.

Nachdem der Text damit offensichtlich überhaupt nicht mehr den Vorstellungen von Hoang Ngoc entsprach, ließ er seinen Namen von der Resolution streichen und stimmte zusammen mit seinen FraktionskollegInnen (S&D), den Grünen, den Vereinten Europäischen Linken (VEL), der Mehrzahl der Abgeordneten der Fraktion Europa der Freiheit und Demokratie (EFD), den meisten Fraktionslosen (NI) und einigen wenigen VertreterInnen der Europäischen Konservativen (ECR) gegen die Entschließung.

 

Quelle: Europäisches Parlament 2010
 

Schließlich setzte sich jedoch eine Mehrheit aus Abgeordneten der Europäischen Volkspartei (EVP), den Liberalen (ALDE) und einigen MandatarInnen der Europäischen Konsverativen (ECR) mit dem Bericht durch. Auffällig war das Verhalten der Europäischen Konservativen, die sich großteils der Stimme enthielten.

Weiterführende Informationen:

Link zur Entschließung