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Erst im Februar überraschten der EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso und US-Präsident Barack Obama die Öffentlichkeit mit der Ankündigung, Verhandlungen über ein Freihandelsabkommen zwischen der Europäischen Union und den Vereinigten Staaten aufnehmen zu wollen. Diese Woche nun begrüßte das Europäische Parlament das Vorhaben über das Freihandelsabkommen und forderte den Rat dazu auf, der Kommission das Mandat für den Start der Verhandlungen zu erteilen. Kritisch äußerten sich jedoch die Grünen, die in einem eigenen Entschließungsantrag ein eigenes Transparenz-Abkommen fordern, dass eine Veröffentlichung der Textentwürfe in allen Verhandlungsphasen vorsieht. Der Antrag fand jedoch keine Mehrheit.
Am Beginn der Diskussion zu einem Freihandelsabkommen mit den USA sparte die irische Ratspräsidentschaft nicht mit Hinweisen auf die vielen positiven Auswirkungen auf EU-BürgerInnen durch Abschluss des Abkommens. So habe die Folgeabschätzung der Kommission ergeben, dass das Freihandelsabkommen 2 Millionen Arbeitsplätze schaffen könnte und 0,5 Prozent mehr Wirtschaftswachstum bringe. EU-Handelskommissar Karel de Gucht ergänzte, dass dies hervorragende Auswirkungen wären, die noch dazu keinen Cent kosten würden. Dafür wäre es allerdings notwendig, der Kommission ein hohes Maß an Flexibilität bei den Verhandlungen zu gewähren, denn sonst könne man den USA keine Zugeständnisse abringen. Natürlich werde es aber rote Linien bei den Verhandlungen geben, die ja auch in der EU-Verfassung vorgesehen sei. Als Beispiel nannte er die audiovisuellen Dienste und die kulturelle Vielfalt. Auch Umwelt- und Sozialstandards sollen den Worten des Kommissars nach auf keinen Fall gesenkt werden.

Der sozialdemokratische EU-Abgeordnete Bernd Lange unterstrich, dass die SozialdemokratInnen das Abkommen mit den USA wollen. Gerade vor dem Hintergrund, dass wir es ernst mit der Reindustrialisierung der Europäischen Union meinen, sei dies wichtig, so der Abgeordnete. Daher müsse man nach neuen Märkten Ausschau halten. Lange räumte aber ein, dass es eine Reihe von Punkten gebe, wo die USA ganz andere Vorstellungen hätten als die EU, wie beispielsweise beim Datenschutz oder beim Vorsorgeprinzip im Verbraucherschutz. Die Frage der ArbeitnehmerInnenrechte sei darüber hinaus ganz entscheidend. Das wären rote Linien, die die SozialdemokratInnen gesichert haben möchten.

Heftige Kritik am geplanten Abkommen äußerten die Europäischen Grünen und die Europäischen Linken. Laut dem grünen Mandatar Yannick Jadot gehe es bei den Vertragsverhandlungen um Großunternehmen, Hormonfleisch und Rechte der Investoren. Multis hätten laut dem EU-Abgeordneten dann Anspruch hunderte Millionen Euro Ausgleichszahlungen zu verlangen, weil zum Beispiel Irland ein öffentliches Gesundheitssystem habe und die privaten Gesundheitsmultis in den Markt nicht einsteigen können. Transparenz gebe es keine, so Jadot: Die BürgerInnen dürften offensichtlich gar nicht wissen, was hier verhandelt wird. Es müsse transparente Verhandlungen geben. Die Zahlen in der Folgeabschätzung wie die 0,5 % mehr Wachstum seien aus seiner Sicht wissenschaftlicher Betrug. Der deutsche EU-Abgeordnete Helmut Scholz von den Linken kritisierte das Freihandelsabkommen ebenfalls heftig und kündigte Widerstand von seiner Gruppe an. Es werde mit den Verhandlungen zwangsläufig Misstrauen geschürt, sensible Bereiche wie der Verbraucherschutz, Tarifabschlüsse, audiovisuelle Dienste oder Energiekosten würden infrage gestellt. Die liberale Marietje Schaake bestritt hingegen die Notwendigkeit von roten Lininien in den Verhandlungen, fordert jedoch ebenfalls Transparenz während der Verhandlungen ein.

Die EU-Abgeordneten stimmten trotz der kritischen Stimmen dennoch für eine Entschließung, die den Rat auffordert, der Kommission das Mandat für die Aufnahme von Verhandlungen über ein Freihandelsabkommen mit den USA zu erteilen. Die Europäischen Grünen und Linken stimmten gegen den Text. Sobald der Rat seine Zustimmung zur Aufnahme von Verhandlungen erteilt, und damit ist bald zu rechnen, kann die Kommission mit den Gesprächen über das Abkommen beginnen.

Weiterführende Informationen:

AK-Position zum Freihandelsabkommen der EU mit den USA