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Ein aktueller Jahresbericht von Eurostat und EU-Kommission vergleicht die verschiedenen Steuersätze in den Mitgliedsstaaten. Dadurch werden auch Trends ersichtlich, wie einzelne Staaten ihre Steuerschrauben im Zuge der Finanz- und Wirtschaftskrise nachjustieren. Für Österreich hält dieser Bericht bereits bekannte Aussagen über die Steuerstruktur fest: Verglichen mit anderen Staaten ist die Besteuerung von Kapital im europäischen Vergleich gering, die von Lohnarbeit hoch. Die Daten und Aussagen dieser jährlichen Studie sind in mehrfacher Hinsicht interessant: Es wird deutlich, welche fiskalpolitischen Maßnahmen zur Budgetsanierung getroffen werden. Zweitens wird die aktuelle Debatte um Steueroasen und – flucht mit Daten unterfüttert. Drittens erhält auch die Frage nach einer (möglichen) Harmonisierung der europäischen Steuersysteme durch diese Daten einen neuen Aufschwung.
Einmal im Jahr veröffentlichen das EU-Statistikamt Eurostat und die Generaldirektion Steuern und Zollunion der EU-Kommission (DG TAXUD) einen detaillierten Bericht über die aktuellen Steuertrends in den 27 Mitgliedsstaaten sowie Norwegen und Island. Diese Studie (siehe untenstehender Link) vergleicht harmonisierte Steuerindikatoren auf der Grundlage des Europäischen Systems Volkswirtschaftlicher Gesamtrechnungen (ESVG 95). Mit Hilfe des nun vorliegenden, siebten Jahresberichts lassen sich langfristige Trends und Verschiebungen nachverfolgen. Insbesondere in der aktuellen Situation, in der die Mitgliedsstaaten mit leeren Staatskassen und europäischen Sparvorgaben konfrontiert sind, ist es von zentralem Interesse, welche Staaten ihre Steuersätze wie verändern.

Die Abgabenquote – die Summe aller Steuern und Sozialbeiträge in Prozent des Bruttoinlandsproduktes – stieg sowohl im europäischen Durschnitt (35,8 % für die EU27) als auch in Österreich (40,8 %) im Jahr 2011 gegenüber 2010 leicht an. Das ist aber immer noch niedriger als im Jahr 2000 – Österreich 43 %, EU27 40,4 %. Diese Abgabenqote – von den österreichischen Medien meist tendenziös als „Steuerlast“ bezeichnet – sagt nun aber erstmals nichts über die Struktur eines nationalen Steuersystems aus. Um diese näher darzustellen braucht es andere Kennzahlen, wobei die Studie die Trends in der Besteuerung von Arbeit, Konsum, und Kapital näher betrachtet sowie die Einkommens- , Körperschafts- und Mehrwertsteuer vergleicht. Die größte Quelle des Steueraufkommens in den EU27 machen Steuern auf Arbeit aus (fast die Hälfte des gesamten Steueraufkommens), gefolgt von Konsumsteuern (z.B. Mehrwertsteuer) mit rund einem Drittel und Kapitalsteuern mit ungefähr einem Fünftel.

Die Besteuerung von Arbeit stieg in den EU27 leicht auf knapp 36 % an, wobei hier große Unterschiede deutlich werden: Lohnarbeit wird z. B. in Malta mit nur 23 %, in Bulgarien und Portugal mit ca. 25 % besteuert, während Länder wie Belgien, Frankreich, Italien und auch Österreich Arbeit mit rund 40 % besteuern. In Österreich lag die Besteuerung von Arbeit 2011 bei 40,8 %. Nach Belgien und Italien hat Österreich den dritthöchsten impliziten Steuersatz auf Lohnarbeit europaweit. Vergleicht man die europäischen Spitzensteuersätze, so zeigt sich 2013 zwar ein leichter Anstieg (EU27 38,3 %; Eurozone 43,3%), aber noch immer liegen diese Kennzahlen unter den Sätzen aus dem Jahr 2000. Damals wurden hohe Einkommen in der Eurozone mit 47,1 % bzw. in den EU27 mit 44,8 % besteuert. In Österreich liegt dieser Steuersatz damals wie heute bei 50 %.

Leicht angestiegen ist in Europa die Besteuerung von Konsum: Einige Staaten haben an dieser Steuerschraube gedreht, um ihre klammen öffentlichen Haushalte aufzufüllen. Der durchschnittliche implizite Steuersatz auf Konsum in der EU27 erhöhte sich von 19,7% im Jahr 2010 auf 20,1% in 2011. Im Jahr 2011 war der Steuersatz auf Konsum in Spanien (14,0%), Griechenland (16,3%), Lettland (17,2%) und Italien (17,4%) am niedrigsten und in Dänemark (31,4%), Schweden (27,3%), Luxemburg (27,2%), Ungarn (26,8%) und Finnland (26,4%) am höchsten. Österreich lag ähnlich wie im vorherigen Jahr 2011 bei 21,2 %. Aus Sicht der ArbeitnehmerInnen ist eine Sanierung öffentlicher Haushalte über eine Erhöhung von Konsumsteuern abzulehnen, da höhere Konsumsteuern Niedrig- und DurchschnittsverdienerInnen wesentlich stärker als Wohlhabende treffen und damit auch die Kaufkraft und die gesamtwirtschaftliche Nachfrage abwürgen.

Interessant auch die Trends bei der Körperschaftssteuer, also jenen Steuern, die von den Unternehmen gezahlt werden. Klarer Trend: Firmen und Unternehmen tragen weit weniger zu den öffentlichen Haushalten bei als noch vor zehn Jahren. Zwar stiegen die Körperschaftssteuern im Durchschnitt der EU27 leicht auf 23,5 % bzw. in der Eurozone auf 26,5 %. Das ist aber immer noch geringer als im Jahr 2000 (EU27 31,9 % und Eurozone 34,4 %). Gerade hier bräuchte es europäische Maßnahmen gegen den Steuerwettlauf der EU-Mitgliedsstaaten nach unten: Körperschaftssteuersätze wie Bulgarien (10 %), Irland (12,5 %) oder Polen (19%) sind nicht nur unsolidarisch, sondern trocknen langfristig die öffentlichen Haushalte aus. Die österreichische Körperschaftssteuer liegt mit 25 % - im Jahr 2000 noch 34 % - im europäischen Mittelfeld.

Wie sieht es aktuell mit der Besteuerung von Kapitaleinkünften in Europa aus? In der EU27 verringerte sich der durchschnittliche implizite Steuersatz auf Kapital zwischen 2010 und 2011 in zehn der 27 Mitgliedstaaten und erhöhte sich in neun. Im Durchschnitt wurde Kapital 2011 in der Eurozone mit 28,9 % besteuert, etwas mehr als 2010 (27,2 %), aber immer noch um einiges weniger als im Jahr 2000 (29,9 %). Die Prozentsätze variieren hier zwischen 10 % (Lettland), 14,8 % (Slowakei) bis hin zu 44,4 % (Frankreich). Österreich besteuerte 2011 Kapital mit lediglich 23,6 % und damit deutlich geringer als der Durchschnitt in der Eurozone. Das ist zwar ein leichter Anstieg gegenüber 2010, bedeutet aber immer noch 3,6 Prozentpunkte weniger als im Jahr 2000. Österreich hat daher in der Besteuerung von Kapital Nachholbedarf.

Weiterführende Informationen:

Taxation Trends in the European Union. Data for the EU- Member States, Iceland and Norway