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Im ersten Beschäftigungsausschuss nach der Sommerpause (29.8.2018) standen gleich zwei aus ArbeitnehmerInnensicht äußerst wichtige Dossiers auf der Tagesordnung: Der Vorschlag über die Schaffung einer Europäischen Arbeitsbehörde sowie der Richtlinienvorschlag zu transparenten und fairen Arbeitsbedingungen. Vor dem Hintergrund der nun vorliegenden Berichtsentwürfe und Abänderungsanträge fand zu beiden Dossiers ein Austausch mit den beiden EP-BerichterstatterInnen statt.

 

EU-Arbeitsbehörde – Fast 1.000 Änderungsanträge im Beschäftigungsausschuss

Die Zahl der eingebrachten Änderungsanträge zeigt das große Interesse am Thema EU-Arbeitsbehörde. Im Zentrum der Debatte stand, wie weitreichend die Aufgaben der Arbeitsbehörde sein sollen. Dies spiegelte sich auch in der Diskussion um mögliche Namen für die Arbeitsbehörde wider. Die Meinungen der Abgeordneten liegen bei beiden Fragen noch weit auseinander. Berichterstatter Jeroen Lenaers (PPE) verweis darauf, dass die Arbeitsbehörde gemäß seinem Berichtsentwurf „kein Papiertiger“ werden dürfe und tritt für eine klare Begrenzung der Aufgaben ein. Eine Schlüsselaufgabe der Arbeitsbehörde stelle, aus seiner Sicht, die Durchführung gemeinsamer, grenzüberschreitender Inspektionen dar.

 

In Referenz auf eine mögliche Reduktion der Aufgaben der Arbeitsbehörde verwies der Kommissionsvertreter darauf, dass aus Sicht der Kommission auch die Sammlung und der Austausch von Informationen einen wichtigen Beitrag zur Prävention darstelle. Klare Worte fand Abgeordnete Evelyn Regner (S&D), die auf den notwendigen Kampf gegen Briefkastenfirmen verwies: Hier seien klare, strikte und durchsetzungsfähige Regeln notwendig. Es brauche „keinen Streichelzoo“, sondern eine „echte Behörde“, stellte sie mit Verweis auf die funktionierende Europäische Bankenaufsichtsbehörde (EBA) fest.

 

Auch aus Sicht der AK kann die Arbeitsbehörde einen wichtigen Beitrag im Kampf gegen Lohn- und Sozialdumping leisten. Die AK hat daher den Vorschlag begrüßt, fordert jedoch, dass dieser noch nachgeschärft wird: Die Durchsetzungskraft der Arbeitsbehörde soll gestärkt (Streitbeilegungsverfahren), die Sozialpartner stärker eingebunden werden und bestehende, gut funktionierende Institutionen der Sozialversicherungskooperation bestehen bleiben. Eine stärkere Einbindung der Sozialpartner wurde in der Debatte auch von mehreren Abgeordneten unterschiedlicher Fraktionen gefordert.

 

Transparente Arbeitsbedingungen – Streit um den ArbeitnehmerInnenbegriff

Auch Enrique Calvet Chambon (ALDE), Berichterstatter zur Richtlinie über transparente und faire Arbeitsbedingungen, verwies auf die große Zahl der zu seinem Berichtsentwurf eingetroffenen Änderungsanträge. Dreh- und Angelpunkt der Diskussion im Beschäftigungsausschuss war einmal mehr die Frage, für welche „ArbeitnehmerInnen“ der Vorschlag Anwendung finden soll. Auch hier lagen die Meinungen bei diesem Thema weit auseinander. Der Kommissionsvorschlag beinhaltet einen weiten ArbeitnehmerInnenbegriff, was die AK begrüßt. Der EP-Berichtsentwurf hält zwar grundsätzlich an einem weiten ArbeitnehmerInnenbegriff fest, möchte den Mitgliedstaaten jedoch jeweils eigene nationale Umsetzung erlauben. Diese würde die Einheitlichkeit und Vorhersehbarkeit natürlich erheblich reduzieren und wohl auch dazu führen, dass weniger „ArbeitnehmerInnen“ von den Rechten der Richtlinie profitieren können.

 

Auch ein für AK, ÖGB, EGB und EGI durchgeführtes Rechtsgutachten von Prof. Martin Risak und Thomas Dullinger legt die Hintergründe zum ArbeitnehmerInnenbegriff im EU-Recht dar. Abgesehen von der Diskussion um den Anwendungsbereich der Richtlinie tritt die AK dafür ein, dass bei den Mindeststandards zu den Arbeitsbedingungen ein höheres Schutzniveau fixiert und eine stärkere Nicht-Rückschritts-Klausel im Rechtsakt verankert wird.

 

Wie geht es weiter?

Spannend wird, ob es noch gelingen kann die beiden Richtlinienvorschläge in der verbleibenden Legislaturperiode zum Abschluss zu bringen. Aus ArbeitnehmerInnen-Sicht wäre dies zu wünschen, da unklar ist, ob nicht beschlossene Rechtsakte in der nächsten Legislaturperiode weiterverhandelt werden. Die Zeitpläne für die Verhandlungen sind ambitioniert: Am 18. Oktober 2018 soll – so der Fahrplan – der EP-Beschäftigungsausschuss über beide Dossiers abstimmen.

 

Zur Richtlinie über transparente und faire Arbeitsbedingungen hat der Sozialministerrat bereits Ende Juni eine Allgemeine Ausrichtung beschlossen. Hier könnten nach Einigung im EP die Trilog-Verhandlungen mit dem Rat starten. Anders bei der Arbeitsbehörde, wo auf Ratsebene die Verhandlungen noch nicht so weit fortgeschritten sind und die Positionen der Mitgliedstaaten teilweise noch weit auseinanderliegen.

 

Weiterführende Informationen:

AK-Positionspapier: Europäische Arbeitsbehörde

AK-Positionspapier: Richtlinie transparente und faire Arbeitsbedingungen

AK EUROPA: Transparente und verlässliche Arbeitsbedingungen: Wie weitreichend wird die neue Richtlinie?

AK/ÖGB/EGB/EG: The concept of 'worker' in EU law (Rechtsgutachten von Prof. Martin Risak und Thomas Dullinger)

AK EUROPA Veranstaltungsbericht: Faire Mobilität am EU-Arbeitsmarkt — Der Beitrag der Europäischen Arbeitsbehörde im Kampf gegen Lohn- und Sozialdumping in der EU

A&W-Blog: Atypische und prekäre Arbeitsbedingungen auf der EU-Agenda